18.3.09
Slumdog Millionär
Großbritannien, USA 2008 (Slumdog Millionär) Regie: Danny Boyle, Loveleen Tandan mit Dev Patel, Freida Pinto, Madhur Mittal 120 Min.
Das ganze Leben ist ein Spiel, und wir sind nur die Kandidaten ... Nie passte diese Weisheit des Zeitalters der TV-Gameshows besser als bei dem großen Abräumer der diesjährigen Oscars. Das bewegte und bewegende Leben eines indischen Waisenkindes liefert ihm genau die Antworten, die es in der indischen Version von "Wer wird Millionär?" braucht. „Slumdog Millionär“ ist großes Kino mit einer grandiosen Geschichte und vielen Blickwinkeln auf das Leben und das Glück.
Eine Frage kann Jamal nicht beantworten: Woher hattest du die Antworten? Selbst als der Polizist ihn mit Stromschlägen foltert, kann der junge Mann keinen Betrug gestehen. Es ist unglaublich, dass da ein Tee-Kellner aus der Gosse auf dem Weg ist, den Jackpot zu knacken. Und es ist zu hoffen, dass nicht auch bei Günter Jauch die Kandidaten zwischen den Sendungen in einer Polizeizelle landen.
Jamal beginnt auf jeden Fall zu erzählen. Von den Fragen der Sendung und von seinem Leben. Wie er sich genau an eine Hindu-Gottheit erinnern kann, weil eine mörderische Hindu-Horde einst seine Siedlung aus moslemischen Indern überfiel und auch seine Mutter abschlachtete. Die Flucht mit seinem älteren Bruder ist nur der Auftakt einer erschütternden, aber auch immer mit viel Lebensmut beglückenden Odyssee. Schon die nächste Lebensstation erzählt wieder eine heftige Geschichte vom Leben in Indien. Die freundlichen Herren, die Jamal und den Bruder in ein fröhliches Kindcamp mitnehmen, erweisen sich als skrupellose Monster, die Kinder verstümmeln und blenden, damit sie besser betteln können. Nur knapp können die Brüder fliehen, um darauf raffiniert und witzig Reisende auszurauben. Dass Jamal dabei nie seine große Liebe aus den Augen verliert, die von den Gangstern prostituiert wurde, und dass die Brüder wegen dieser Frau zu Todfeinden werden, macht klar, wie prall des Lebens dieses großartige Melodram mit Happy End ist.
In jeder Hinsicht hat Danny Boyle mit „Slumdog Millionär“ ein äußerst unterhaltsames Meisterwerk geschaffen. Die raffinierte Form des Erzählens, welche Gameshow und dramatische Lebensgeschichte verknüpft, ist nur der elegante Rahmen. Darin erzählt er mit gut dosierten Mitteln des Bollywood-Kinos, mit berauschenden Farben und Liedern, vom Wandel Indiens, von der Hoffnung und - ganz zentral - von der Liebe.
Dass Danny Boyle nach „Trainspotting“ mit „Slumdog Millionär“ wieder einen neuen, weltweiten Hit landen wird, war ebenso klar wie sein Oscar für die Beste Regie. Dazu kamen noch Trophäen für Kamera, Schnitt, Musik, Original-Song, Sound-Schnitt und Drehbuch - kurz: Der Beste Film des letzten Jahres. Dass sich in Indien jetzt kritische Stimmen erheben, der Film würde das Elend ausbeuten oder hätte eine verzerrte Wahrnehmung, solche Trittbrettfahrer gehören zu solchen Erfolgen. Aber man kann sich tatsächlich auch viele Gedanken zum Film machen, wenn die große Begeisterung langsam abklingt.