8.1.08

Die zweigeteilte Frau


Frankreich, BRD 2007 (La fille coupée en deux) Regie: Claude Chabrol mit Ludivine Sagnier, Benoît Magimel, François Berléand 115 Min.
 
So ungefähr der 60.Film von Chabrol mag dies sein - wer will da noch nachzählen oder genau hinsehen. Dementsprechend zeigt sich auch die Kritik zweigeteilt: Hier der scharfe, entlarvende Blick auf Menschen und Gesellschaftsschichten. Und dort die nicht zu übersehenden Nachlässigkeiten eines Regisseurs, der mal wieder einen Film macht, wie jedes Jahr.
 
Das es bei der 25jährigen Wetterfee Gabrielle Deneige (Ludivine Sagnier) im französischen Namen kräftig schneit, macht direkt klar, wie wenig rücksichtsvoll Chabrol mit seinen Figuren umgeht. Die aufstrebende Moderatorin umschifft regelmäßig die äußerst plumpe Einladung zur Bewerbungscouch aus der beschränkten Chefetage des Senders. Dem 30 Jahre älteren Schriftsteller Charles verfällt sie jedoch intellektuell und körperlich. Der reife Lebemann "erzieht" und benutzt sie sexuell. Gemeinsam ziehen sie ins Paradies ein - so steht es auf dem Klingelschild des Stadtappartements von Charles. Wenn Liebe Hingabe bedeutet, liebt Gabrielle ihn absolut. Doch nachdem der Autor sie rücksichtslos verlässt, fällt die hoffnungslos Verliebte erst in ein Koma, um dann dem Werben des albernen Millionenerben Paul nachzugeben. Der eitle Clown war schon länger in Gabrielle verliebt, nur ein persönlicher Leibwächter konnte den psychisch Instabilen dabei von extremen Dummheiten abhalten. Doch auch nach der Heirat ist Paul vom Ziel seiner verzweifelten Liebe unendlich weit entfernt und erschießt Charles, der immer noch Gabrielles Herz besetzt.
 
Routiniert konjugiert der 77 Jahre alte Zyniker Claude Chabrol in "Die zweigeteilte Frau" die Wahnsinnigkeiten vergeblicher Liebe: Die Möglichkeiten, sich lächerlich oder unglücklich zu machen, sind zahllos wie die Trivialromane. Doch wie in allen Klischees steckt auch in Chabrols Figuren ein Kern an Wahrheit. Und so lässt sich Gabrielles emotionale Achterbahnfahrt durchaus interessiert, manchmal amüsiert, selten bewegt verfolgen. Erst am Ende, wenn sich die Zerrissenheit der jungen Frau zwischen Leidenschaften und Stabilität, zwischen Selbständigkeit und Sicherheit, und wie immer bei Chabrol: zwischen den französischen Gesellschaftsständen, in einer künstlerischen Schwebe ausdrückt, erst dann gewinnt die menschliche Versuchsanordnung einen poetischen Reiz. Gabrielles Lösung für das Dilemma des Lebens liegt darin, sich allabendlich mitten durch sägen zu lassen - auf der Bühne eines Magiers. Der ist Chabrol auch diesmal wieder nicht, doch mit einiger Neugierde lässt sich sein Querschnitt durch das menschliche Gefühls- und Gesellschaftswesen gut betrachten.