29.1.08
Cloverfield
USA 2007 (Cloverfield) Regie: Matt Reeves mit Lizzy Caplan, Jessica Lucas, T.J. Miller 85 Min. FSK: ab 12
Wer meint, Hollywoodfilme im allgemeinen und Katastrophen-Filme ganz besonders seien in den letzten Jahren eher eine Katastrophe gewesen, und wer sich für hochwertige TV-Kost wie "Lost" begeistert, wird an der neuen Kino-Katastrophe "Cloverfield" seinen Spaß haben.
Aufnahmen von einer Abschiedsparty in Manhattan wirken unspektakulär wie all die anderen Heim-Videos mit persönlichem Erinnerungswert. Eine Clique feiert und nimmt die Wünsche für den scheidenden Rob (Michael Stahl-David) auf. Ein kleiner Einblick in die Beziehungen der Gruppe reicht, Gerede über Robs Freundin Beth kommt hinzu. Kurz vor dem ersten Einschlag hört man das Leitmotiv für die weiteren Handlungen: Kümmere dich um die Leute, die dir am meisten bedeuten! Dann fällt das Licht aus, ein Erdbeben erschüttert die Hochhäuser in New York. Das Fernsehen bringt erste Spekulationen, doch schon rennen alle panisch auf die Straßen, wo der Kopf der Freiheitsstatue als Bowlingkugel missbraucht wird. Zeit für Erklärungen hat dieser Film nicht. Oder positiv gesagt: "Cloverfield" ist so unübersichtlich wie das Leben.
Denn der Film besteht nur aus verwackelten Handkamera-Aufnahmen, die Hud ziemlich talentlos schießt. Dafür ist er wie die Kamera ziemlich robust: Selbst in den wildesten Szenen vergisst er das Filmen nicht, eine helfende Hand fehlt also immer in der Not - man sollte nicht weiter drüber nachdenken. Auch nicht darüber, dass die Kamera selbst wohl ein Model "Bruce Willis" ist. Unkaputtbar machen ihr Hubschrauberabstürzen, Bombenattacken und Feuersbrünste nichts aus. Doch das sind Randerscheinungen eines erfreulich unkonventionellen Katastrophenfilms.
Ganz anders als bei üblichen Panikstreifen aus New York herrscht hier kein Hightech vor, kein digitales Trickfeuerwerk will beeindrucken. Mit vermeintlichem Understatement bleibt die hektische und verwackelte Hand-Kamera der 25 Mio.-Produktion ganz nahe bei den schreienden panischen Menschen. Dazu sieht man von den Angreifern lange nur Fragmente im Dunkeln. "Blair Witch" trifft auf "Godzilla" beschrieb die Kritik dieses Konzept treffend.
Im scheinbar dokumentarischen Videomaterial, gefunden im Katastrophengebiet "Cloverfield", ehemals bekannt als Central Park, baut sich Spannung konsequent auf der Augenhöhe der Betroffenen auf. Das wirkt und lässt beinahe vergessen, dass die Dramaturgie der Freunde, von denen einer nach dem anderen auf der Strecke bleibt, sehr klassisch ist.
Schauspielerisch ist "Cloverfield" gelungen, ohne dass Highlights auffallen würden. Die wirklichen Werte warten hinter der Kamera auf: Produzent ist der "Lost"-Macher J.J. Abrams. Der Autor Drew Goddard schrieb auch Bücher zu "Lost", "Alias" und "Buffy". Dazu kam in den USA eine sehr geschickte Werbekampagne, die wie der Film vieles nur andeutete. Da sich dabei wie bei "Blair Witch" der Reiz verliert, je mehr man über den Film weiß, sollte man ihn einfach mal sehen.