USA 2019 Regie: Jon Favreau, 117 Min.
Der ewige Kreis der Disney-Verwertung dreht sich Dank der neuen Realverfilmungen von alten Zeichentrick-Klassikern erfolgreicher denn je. Nach den mehr oder auch weniger originalgetreuen „Das Dschungelbuch", „Dumbo" oder „Aladdin" ist nun die Reihe an „Der König der Löwen", der Familiengeschichte aus Afrikas Savanne.
Das Original aus dem Jahr 1994 steht zwar nur auf Platz 42 der erfolgreichsten Filme aller Zeiten. Doch im öffentlichen Bewusstsein brüllt der kleine Löwe Simba dank allgegenwärtigen bunten Werbeartikeln, Fortsetzungen und Fernsehserien („Abenteuer mit Timon & Pumbaa") lauter als es die circa 12 Millionen deutschen Besucher erwarten lassen. Dabei halfen auch Elton Johns Titelsong „Circle of life" (Der ewige Kreis) und das Musical, das immer noch läuft.
Die Handlung bleibt beim neuen „König der Löwen" weitgehend dieselbe wie im Zeichentrick-Klassiker: In der großen Eröffnungsszene wird die Geburt von Simba, dem Löwenjungen, gefeiert. Das ist „Oh wie süß!", aber auch besonders, denn Simba soll zur Freude aller Monarchisten der künftige König sein. Und das schneller als gewünscht. Mit Disneys Obsession für die gewaltsame Entfernung von Elternteilen - siehe „Bambi" - sorgt Simbas hinterhältiger Onkel Scar dafür, dass König Mufasa stirbt und Simba selbst ins Exil geht. Da fängt der Spaß dann richtig an, dank des quirligen Erdmännchens Timon und seines warmherzigen Freundes, des Warzenschweins Pumbaa. So betreut kann Simba erwachsen werden, um schließlich das Reich seines Vaters zu übernehmen.
Der neue „König der Löwen" ist erst einmal überwältigend - von den technischen Möglichkeiten her. Zwar bleibt die Geschmacksfrage der sprechenden Tiere, doch ihre Bewegungen und die Details der Landschaften - alles ist derart perfekt im Computer bearbeitet worden, dass man nur staunen kann. Über eine Entwicklung, die übrigens 1994 beim gezeichneten Simba seine Anfänge nahm. Schon damals gab es computer-animierte Szenen als Neuerung bei Disney, die Puristen furchtbar aufregte.
Heutzutage kann man mit ein paar realen Aufnahmen alles möglich machen und erzählen. Und so real manipuliert, sieht Scar diesmal wirklich gefährlich aus. „Der König der Löwen" hat heute eine wesentlich stärkere Wirkkraft -selbst ohne Hyänen-Gebiss in Grossaufnahme. Der Tod Mufasas, der von einer rasenden Gnu-Herde zertrampelt wird, kann schon Erwachsene heftig plätten. Der alte Liebling aus dem reichen Disney-Zoo ist kein Kinderfilmchen, das bedenkenlos die ganze Familie erfreut.
Disney setzt übrigens auch bei der Regie auf Altbewährtes: John Favreau kennt als Schauspieler als Happy Hogan, den Manager und Freund von Iron Man. Aber Favreau war auch Regisseur der ersten beiden „Iron Man"-Filme. Schon „Das Dschungelbuch" inszenierte er, und ist für dessen Fortsetzung eingeplant. Favreau müsste dem Disney-Konzern mittlerweile Milliarden eingespielt haben. Beim eher mäßigen Erfolg „Cowboys & Aliens" (2011) wurde sein Gehalt publik: 10 Millionen Dollar.
Die simpel erzählte Fabel von Verantwortung und Tradition ist sehr ökologisch geworden: Mufasa herrscht nicht über das Land, er beschützt es nur. (Aber die Antilope darf man trotzdem essen!) Mit Scar zeigt sich maßlose Gier der neuen Herrschaft, mit den Hyänen geht er eine Allianz ein, die sehr an heutige Politik erinnert: Heuschrecken und Hyänen, die sehr an teure Beraterfirmen erinnern.
Selten erzeugen die Felsen im Hintergrund ein sehenswertes 3D-Ensemble. Ansonsten ärgert in der Synchronisation der eher mäßige Sprechgesang bei den vielen Liedchen, dem Bekanntheit auf dem Plakat wichtiger als Talent ist. Am sympathischsten ist noch der Humor, etwa bei dieser Variante „Der Löwe schläft heut Nacht", sehr rhythmisch vorgetragen von Timon und Pumbaa.
Die kleine, extrem konservative Geschichte aber wirkt in diesem gewaltigen Aufwand fehlplaziert. Hier zeigt sich, dass der Ansatz von Tim Burton bei „Alice" und „Dumbo", eine ganz neue Geschichte aus dem alten Zeichentrick zu machen, der bessere ist.