8.9.14

Maps to the Stars

Kanada, BRD, USA, Frankreich 2014 Regie: David Cronenberg mit Julianne Moore, Mia Wasikowska, John Cusack, Robert Pattinson 112 Min. FSK: ab 16

Regisseur David Cronenberg ist einerseits für legendäre Horrorfilme wie „Die Fliege" (1985), „Videodrome" (1982), den Medizin-Schocker „Die Unzertrennlichen" (1988) oder „Scanners - ihre Gedanken können töten" (1980) bekannt. Aber auch für ebenso spannende wie erschreckende Werke aus andern Genres etwa den Politthriller „Dead Zone" (1983). Vor allem in den letzten Jahren sezierte der Kanadier mit den großen Freiheiten der kanadischen Filmförderung unsere westliche Gesellschaft mit verschiedensten Formen, aus unterschiedlichen Blickwinkeln: Die Finanzwelt in „Cosmopolis" (2012), die Psychoanalyse von C. G. Jung in „Eine dunkle Begierde" (2011), Psychogramme von Gewalt („A History Of Violence", 2005) oder heftigster Traumata („Spider", 2002), um nur ein paar Beispiele des reichen Spektrums zu nennen. „Maps to the Stars", eine horrende Familien-Psychologie, die ihre Weltpremiere im Wettbewerb der 67. Internationalen Filmfestspiele von Cannes feierte, stürzt sich nun auf den Ruhm in Hollywood, der sich selbst verzehrt.

Eine Karte zu den Stars von Hollywood Hills - „a map to the stars" - hätte Agatha Weiss (Mia Wasikowska), die nach Brandstiftung im Elternhaus in die Psychiatrie kam, bei ihrer Rückkehr gerne. Lange, schwarze Handschuhe bedecken auch im strahlenden Licht Kaliforniens ihre vernarbten Arme. Die schwarze Limousine mit Chauffeur und Möchtegern-Schauspieler Jerome (Robert Pattinson), bringt Agatha zuerst zu den verkohlten Ruinen der Weiss-Residenz, in denen ein dunkles Geheimnis schlummert. Dann bekommt die hart blickende junge Frau einen Job bei der alternden Schauspielerin Havanna (Julianne Moore), die gerade verzweifelt auf ein Comeback hofft. Ausgerechnet mit der berühmtesten Rolle ihrer eigenen, verhassten Mutter, die ihr als Geist erscheint. Nicht ganz zufällig wird Havanna in esoterischen Sitzungen vom Hollywood-Guru Weiss (John Cusack) aufgebaut, der Agathas Vater ist. Dass sie auch Jerome rumkriegen muss, nachdem der eine Affäre mit ihrer Angestellten Agatha angefangen hat, ist nur die harmloseste der atemberaubenden Entwicklungen in dieser schrillen Hollywood-Satire. Denn eigentlich will das vom Leben gebrannte Mädchen an ihren 13-jährigen Bruder ran, den Kinderstar Benji Weiss (Evan Bird). Weil sein exorbitanter Drogenkonsum die Fortsetzung von „Bad Babysitter" verhindert, wird er nicht nur vor Agatha und dem Familiengeheimnis abgeschirmt...

Wer bei Cronenberg nun die Essenz des Films in einem Satz präsentiert haben will, ist im falschen Film. Auch wenn der Stoff für drei Jahre Soap reichte, der Meister der Spannung präsentiert all die krassen Emotionen, all die extremen Dramen mit kühler Distanz, die auch schon „Cosmopolis" bestimmte. Der Geist des Films lauert in den Fugen der offensichtlichen Bausteine Handlung, Figuren und Szenen. So schmeißt einen dieser Cronenberg nicht durchgeschüttelt und höchst emotionalisiert aus dem Kino. Er meldet sich aber in den Wochen und Monaten danach immer wieder mit Momenten oder Stimmungen, die sich auf unbewußten Wegen eingegraben haben. Das ist neben dem exzellenten Schauspiel (Goldene Palme für Julianne Moore), der bissigen Hollywood-Karikatur und der verrückten Handlung ein weiterer Grund, auch diesen Cronenberg auf keinen Fall verpassen zu dürfen.