23.9.14

Like Father, Like Son

Japan 2013 (Soshite Chichi Ni Naru) Regie: Hirokazu Kore-Eda mit Masaharu Fukuyama, Machiko Ono, Lily Franky, Yoko Maki 120 Min. FSK ab 0

Wer sich um unmenschlichen Stress schon für Kinder sorgt, braucht nicht auf einen lauen Tatort zum Thema zu warten. Ein Blick ins gesellschaftlich gleichzeitig futuristische und traditionelle Japan reicht. Kore-Eda Hirokazu, der 2004 mit „Nobody Knows" eine unheimlich bewegende Geschichte um Kinder realisierte, die im modernen Japan auf sich allein gestellt verwahrlosen, erweist sich wieder als meisterlicher Seismograph für das Verschwinden des Menschen ist der Gesellschaft. „Like Father, Like Son" (Wie der Vater, so der Sohn) feierte seine Premiere im Wettbewerb von Cannes 2013 und erhielt sehr verdient den Jury-Preis.

In „Like Father, Like Son" geht es wieder um Kinder, um das schier unfassbare Verschieben und Verschachern zweier Söhne, die vor sechs Jahren im Krankenhaus vertauscht wurden und die nun in einer extremen Leistungsgesellschaft von einem getriebenen Vater als Besitz betrachtet werden. Als der sehr wohlhabende Ryota und seine Frau Midori erfahren, dass ihr sechsjähriger Sohn Keita nicht ihr eigenes Kind ist, bietet - nach dem typisch japanischen Ritual von Grimm und demütigen Entschuldigungen - das Krankenhaus nicht nur Wiedergutmachung, sondern auch eine Wiederherstellung der natürlichen Ausgangslage an. Will das Paar den vermeintlichen Sohn gegen den wirklichen eintauschen? Nach sechs Jahren Kindheit? Und was will das andere betroffene Elternpaar, das auch so wunderbar anders ist Neben den strengen, ordentlichen, durchdesignten Erfolgs-Eltern, die ihr Kind schon jetzt zu lebensentscheidenden Aufnahme-Prüfungen drängen, ist die einfache, arme, chaotische aber einnehmend herzliche Familie sehr erfrischend.

Wurde in kleinen Momenten die Ähnlichkeit von Vater und Sohn beim Klavierspiel überdeutlich, ist die Enttäuschung nachher umso größer. Dass Entsetzen, als sich der in seinen Grundfesten erschütterte Erfolgsmann Ryota einfach beide Kinder kaufen will, geht einher mit einer tiefen Verstörung angesichts einer tatsächlich schier unlösbaren Situation. Mit der alten Frage, ob Gene oder Sozialisation prägend sind, fangen das Nachdenken und das moralisches Abwägen erst an. Ein mit viel Sensibilität und großer Kunst gemachter, großartiger und wichtiger Film. Ein Meisterwerk.