1.9.14

Hercules (2014)

USA 2014 Regie: Brett Ratner mit Dwayne Johnson, John Hurt, Joseph Fiennes, Rufus Sewell, Peter Mullan 98 Min. FSK: ab 12

Mein Gott! Oder besser: Mein Halb-Gott! Wie ist es nur möglich, dass für einen schauspielerisch mäßig begabten Ex-Wrestler haufenweise richtige Darsteller und noch mehr richtige Gelder rangekarrt werden, um ein handlungsmäßig mäßig begabtes Filmchen abzudrehen? Dwayne Johnson soll Herkules sein, doch ein echter Titanen-Job ist es, aus dem Kleiderschrank eine Titelfigur zu machen.

Die Idee ist interessant: Da haben wir einen Scharlatan, der behauptet, der Gottessohn und folglich Halbgott Herkules zu sein. Mit diesem einschüchternden Image bekämpft er mit seiner Söldnertruppe im alten Griechenland für gutes Geld ein paar Schurken. Der zynische Kämpfer hat keine Ideale, aber ein Löwenfell auf dem Kopf und einen Job. Dass er schließlich doch sein edles Herz entdeckt und für eine gute Sache kämpft, ist spätestens seit 1954 und Kurosawas „Die sieben Samurai" ein klassisches Thema für Samurai-Filme, Western oder Film-Noir. Als direkte Vorlage diente diesmal der Comic „Hercules: The Thracian Wars" von Steve Moore. Doch ansonsten ist alles so wie immer, nur schlechter.

Hercules, um jetzt orthografisch von der Mythenfigur zur Witzfigur des Films zu wechseln, wird im Kampf gegen grüne Heerscharen unterstützt von einem pessimistischen Hellseher, einen komischen Herold, von der Quoten-Amazone, die für das Auge des männlichen Zielpublikum dekorativ dabei ist, und vom Tier, einem brüllenden Wüterich - fast wie aus der Muppet-Show. Dann gibt es, als Lord Cotys (John Hurt) die Söldner gegen dämonische Zentauren zur Hilfe ruft, die übliche Ausbildung der waffenunfähigen Bauern, die gewohnten Ansprachen, die zu erwartende erste Niederlage und das Aufraffen für die entscheidende Schlacht. Dazu noch eine seltsame, behauptete Einigung des antiken Griechenlandes und etwas Verrat.

Was alles unterhaltsam sein könnte, wäre es gut gemacht. Doch hier dauert es eine halbe Stunde bis zur ersten Schlachterei, also bis der Film erstmals das Erwartete liefert. Die zweite kommt dann nach einer Stunde mit hohl und hölzern klingenden Schlacht-Reden. Überhaupt ist dies wieder mal ein Massenmorden, bei dem fast kein Tropfen Blut zu sehen ist. Töten als einfaches Vergnügen ohne Konsequenzen - so wie viele Politiker das auch sehen. Zuvor langweilte eine lange Vorstellung nicht echt vielschichtiger Figuren. „The Rock" Dwayne Johnson hat mit Bart und Zottelhaar seine bislang unattraktivste Rolle gefunden. Als sein Hercules in höchster Bedrohung zu seiner wahren Existenz steht, ist das symptomatisch ein Kraftakt und fordert jeden Muskel, außer denen im Gesicht.

So ist „Hercules" in jedem Schritt extrem vorhersehbar, die wenigen guten Momente kennt man aus dem Trailer. Während sich die Schlächter auf der Leinwand und die Streicher auf der Tonspur furchtbar abmühen, schaut man dauernd auf die Uhr, wann denn diese legendäre Langeweile endlich ende.

Dabei irritiert die erstaunlich gute Besetzung rund um die Hauptfigur. Um in der Metapher zu bleiben: Da steht ein Schauspielgott namens John Hurt, der seit Jahrzehnten reihenweise grandiose Leistungen in die unterschiedlichsten Filme legt, von „Alien" über Lynchs „Der Elefantenmensch", den Western „Heavens Gate" „1984" bis zu letztlich „Snowpiercer" oder Jarmuschs „Only Lovers Left Alive". Und neben ihm - ein Kleiderschrank in der Hauptrolle. Das schauspielerische Talent von Herrn Johnson ist in dieser Riege ohne Vergleich. Höchstens ab Schlachtreihe 16 der Statisten kann sich jemand mit ihm messen. Regisseur Brett Ratner, der mal akzeptable Action wie „Rush Hour" oder „Roter Drache" gemacht hat, setzt seinen Ausverkauf fort. Hier hat unter all den Söldner des Boxoffice hinter der Kamera niemand sein edles Herz für das wahre Filmemachen entdeckt.