30.9.14

Borgman

Niederlande, Belgien, Dänemark 2013 Regie: Alex van Warmerdam mit Jan Bijvoet, Hadewych Minis, Jeroen Perceval, Sara Hjort Ditlevsen, Annet Malherbe, Tom Dewispelaere 113 Min. FSK: ab 16

Bei den legendären Komödien „Abel" und „Noorderlingen" des Niederländers Axel Warmerdam konnte man vor Jahrzehnten nur ein paar versteckte Salzkörner Grausamkeit entdecken. Nun beginnt „Borgman", Wettbewerbsfilm 2014 in Cannes, mit einer wahren Hexenjagd wie ein Exorzismus-Film: Bewaffnete Männer, unter ihnen der Priester, durchkämen mit Hunden ein Waldstück und scheuchen einen bärtigen Mann (Jan Bijvoet) aus seiner unterirdischen Höhle auf. Der kann entkommen, warnt zwei ebenfalls sehr mysteriöse Typen und taucht dann in einer ganz anderen Welt, vor einer Villa im Grünen auf. Das Heim der gut situierten Familie van Schendel erfährt in kleinen Schritten und Schnitten eine Invasion von .... Ja, von was eigentlich? Nicht erst in der Frage, was über Marina (die an der Akademie Maastrichts ausgebildete Hadewych Minis), Richard (Jeroen Perceval), ihre Kinder und das dänische Au-pair (Sara Hjort Ditlevsen) gekommen ist, betritt der Film mutig ein mysteriöses Fremdland. „Und sie kamen hernieder auf Erden, um ihre Reihen anzufüllen" - mit diesem biblisch klingenden Spruch beginnt ein reizvolles Filmspiel mit viel Unerklärlichem.

Zuerst ist es der Gärtner, als der sich Borgman (Jan Bijvoet) im Schuppen der Familie einquartiert und sich wie ein schmutziger, stinkender und ansteckend lüsterner Pan die gelangweilte Hausfrau hörig macht. (Im Original spricht Bijvoet als Flame unter Niederländern merklich anders.) Er wird von zwei afghanischen Windhunden begleitet oder sind das schon Borgmans Gefährten, die später einziehen? Der Regisseur selbst spielt einen von ihnen, der andere kümmert sich um das dänische Au-pair. Es wird als erste mit einem kleinen Kreuz markiert und verwandelt. Die Kinder werden folgen. Zwei eiskalte Frauen begleiten die Pläne als coole Killer. Dass die Opfer mit in Eimern einbetoniertem Kopf im Fluss versenkt werden, ist quasi Markenzeichen und symptomatisch für den skurillen Humor des Films. Irgendwas stimmt hier nicht, etwas steht Kopf, erschreckt, aber fasziniert auch.

Das andere faszinierende Bild des Films ist das von Borgman, jetzt ganz lüsterner Ziegengott Pan, nachts nackt auf der schlafenden Marina hockt, ihr Mann liegt daneben. „Borgman" ist eine witzige Variante von „Funny Games" und zeigt, wie mysteriöse Gestalten mit Hilfe unbestimmter weiblicher Sehnsüchte eine wohlhabende Familie in deren Vorstadthaus unterwandern. Hier zerfrisst etwas Ursprüngliches die kalte Nüchternheit des Betons, die schon Jacques Tati in „Mon oncle" vorführte. Das ist mysteriös und komisch, skurril und bösartig. Ist besonders reizvoll weil keineswegs eindeutig.