11.6.12

West is West

Großbritannien 2010 (West is West) Regie: Andy De Emmony mit Om Puri, Aqib Khan, Linda Bassett, Robert Pugh 103 Min. FSK ab 6

Der zwölfjährige Brite Sajid Khan (Aqib Khan) hat zwar einen Vater aus Pakistan, findet das Land aber nicht auf der Karte. Trotzdem wird er von Mitschülern schikaniert, schwänzt die Schule und hat auf alles eine bissige und freche Antwort. 1976 sind im nordenglischen Salford noch Reste vom Flower-Power zu sehen, doch das Trotzen der Jugend bleibt ein zeitlos anstrengender Kampf. Dem altmodisch autoritären Vater Jahangir Khan (Om Puri) fällt nichts anderes ein, als mit Sajid in die alte Heimat Pakistan zu reisen. Dort sucht schon der ältere Sohn Maneer seit Monaten eine Braut. Jahangir besitzt hier ein kleines Stück Land und großflächig komplizierte Familienverhältnisse, denn vor 30 Jahren ließ er eine erste Frau und Töchter zurück. Nun wagt er es nicht, den Schmerzen ins Auge zu blicken, die seine Abwesenheit bei der verbitterten Mrs. Khan Nr.1 erzeugt haben.

Sajid spricht kein Urdu und kann sich auch nicht mit der Toilette unter Büschen anfreunden. Wohl jedoch mit einem Gleichaltrigen und schließlich auch mit dem weise lächelnden Alten, der ihm gegen alle Widerstände einiges beibringen kann. Der große Wandel geschieht dem Dickkopf (oder im Original: dickhead) Jahangir, einem groben Klotz ohne Einfühlungsvermögen, bei dem man sich fragt, wie der gleich zwei Frauen unglücklich machen konnte. Als nach einer Verlängerung des Urlaubs seine englische Frau Ella (Linda Bassett) hinkommt, muss er Position beziehen.

Mehr als zehn Jahre nach dem britischen Indie-Erfolg „East is East" folgt wieder eine autobiographische Geschichte von Ayub Khan Din, der selbst als Zwölfjähriger ein Jahr nach Pakistan verschickt wurde. Seinem Alter Ego Sajid werden bissige Kommentare beigegeben, aber letztlich auch eine Sehnsucht nach Kiplings „Kim". Die Zerrissenheit zwischen den Kulturen deutet sich an, das Drama zwischen Vater und Sohn steht an, aber die anrührenden Momente gehören den beiden Ehefrauen. Wenn sie fassungslos vor dem indifferenten, phlegmatischen Macho stehen, wie sie sich verstehen, ohne die gleiche Sprache zu sprechen.

Letztendlich wird alles irgendwie gut, sogar der stille große Bruder findet nach einem Jahr endlich eine Frau, die aussieht wie sein Idol Nana Mouskouri, redet wie ein Wasserfall und auch aus England stammt. Drumherum unterhält „West is west" mit einem Pubertierenden, der im Anzug durch die Hitze Pakistans läuft, mit den Weisheiten eines komischen Kauzes, mit gemäßigter Folklore und - vor allem über die Musik - mit lokalen Schwingungen. Die Culture-Clash-Komödie (die sicherheitshalber in Indien aufgenommen wurde) geriet manchmal etwas holperig in der Montage, überzeugt aber mit einem tollen Jung-Darsteller, der das erste Mal vor der Kamera stand, und mit dem Kino-Urgestein Om Puri („Mein Sohn, der Fanatiker", 1997) als Vater.