7.10.08
Eagle Eye - Außer Kontrolle
USA 2008 (Eagle Eye) Regie: D.J. Caruso mit Shia LaBeouf, Rosario Dawson, Michelle Monaghan 117 Min. FSK: ab 12
Während in vielen Gegenden der Welt ein Menschenleben kaum ein paar Euro wert ist, zahlt man im vernetzten Überfluss genauso viel für die Daten einer Person. Überall werden diese gehandelt, T-Mobile lässt sie sich gleich millionenfach klauen. Wohin diese völlig Entblößung aller persönlicher Daten führt - sei es durch Google, Gangster oder einfach den Staat - zeigen immer wieder US-amerikanische Thriller. „Eagle Eye“ ließe sich übersetzen mit „Adlerauge, sei wachsam“ und führt vor, wie Sicherheit mit Sicherheit in erschreckenden Szenarien endet.
Jerry Shaw (Shia LaBeouf) arbeitet in einem Copy-Shop. Ein ganz normaler Bürger, der sich in seiner Existenz eingerichtet hat. Bis eine kühle weibliche Stimme am Telefon sagt: Verlasse deine Wohnung, sonst fasst dich das FBI. Klar, wenn das Zimmer voller Sprengstoff ist. Dessen Ursprung kennt Jerry ebenso wenig, wie den der Stimme, die ihn fortan begleiten wird.
„Eagle Eye“ beginnt sehr mysteriös und spannend. Wie jemand jeden Schritt von Jerrys Verhaftung vorhersieht und seine Flucht vor der Verfolgung leitet, ist unglaublich und trotzdem eindrucksvoll. Mit Anrufen, Leuchtwerbungen und nachdrücklicher Hilfe von Fremden wird der hektisch Flüchtende geführt. Kameras, Handyortung und viele andere technische Spielereien machen seinen Aufenthaltsort so offensichtlich wie den von Laborratten in ihrem Labyrinth. Die kühle Frauenstimme leitet Jerrys Flucht mit der Metro, führt ihn zu einer ebenso ahnungslosen Frau, mit der es im Auto rasant und mit viel Blechschaden weitergeht. Hier bekommt die Stimme des Navigationsgerätes einen ganz anderen, beängstigenden Klang. Und was funken diese praktischen Kästchen eigentlich von uns zu ihrer Zentrale zurück?
Dramaturgisch folgt das Rennen und Flüchten dem Prinzip der Schnitzeljagd, allerdings lässt sich so eine Fernsteuerung von Spielfiguren in unserer Zeit viel schneller und Adrenalin-reicher inszenieren. Die Plausibilität bleibt in der routinierten Inszenierung von D.J. Caruso ("Disturbia," "Taking Lives," "The Salton Sea") allerdings früh auf der Strecke. Dafür bekommt die politische Aussage der komplizierten Auflösung wieder unsere volle Aufmerksamkeit. Ließ der US-Präsident anfangs ein Dorf nur auf Verdacht bombardieren, so führt ein allwissender und allmächtiger (Überwachungs-) Computer letztendlich dieses Unrechtsprinzip fort. Wie HAL der Bord-Computer aus „2001“, spielt hier jemand beleidigt, weil man ihm seine Mordaufträge abstellte.
Die allgemeine Überwachung über angezapfte Telefone und (Un-) Sicherheitskameras, die schon Will Smith und Gene Hackman als „Staatsfeind Nr.1“ erlebten, und deren filmgeschichtliche Anfänge auch Hackman 1974 in Coppolas „The Conversation“ anlegte, ist ein Ausdruck für die wild gewordene US-amerikanische Außen- und Sicherheitspolitik. Wobei der Film sagt, so wahnsinnig kann kein Mensch sein, nur eine Maschine kann derart hirnrissig ihre idiotischen Ziele verfolgen. Oder etwas sanfter ausgedrückt: Der Film zeigt überdeutlich, wie gerade die Mechanismen, die unsere „Sicherheit“ schützen sollen, sie tatsächlich bedrohen. Man könnte Sicherheit auch durch Freiheit ersetzen.