5.9.08

Venedig 2008 Abschluss



Venedig. Der Wettbewerb der "65. Mostra Internationale d'Arte Cinematigrafia" (26.8.-69.2008) endete mit einem großen Abgesang: Mickey Rourke spielte einen grandiosen Abschied als "The Wrestler" in dem Drama von Darren Aronofsky ("Pi", "Requiem for a Dream", "The Fountain"). Bevor heute Abend die Preisträger vom Jury-Chef Wim Wenders bekannt gegeben werden, zeigt sich das Filmfestival im Rückblick als thematisch reichhaltig mit vielen Blicken auf eine andere Globalisierung, die ein oft schwieriges Miteinander verschiedenster Herkünfte vorführte.

Man kann wirklich sagen, Mickey Rourke hat diese Geschichte mit vollem Einsatz seines Körpers gelebt: Auf der Höhe seiner Karriere, nach Filmen wie "Angel Heart", verabschiedete sich der provokante Schauspieler von der Karriere, um sich seinen Traum vom Profiboxen zu erfüllen. An dem Ergebnis arbeiteten sich später plastische Chirurgen und Psychoanalytiker ab. Doch als gealterter Wrestling-Star "The Ram" kann Rourke alle seine Erfahrungen einbringen. Und was ist das Wrestling anders als großes Kino? Oder wie es Rourke selber in rauer Sprache sagte, er wisse schon, "wie man ein Publikum bei den Eiern packt". So erhielt, der vergebliche Versuch des Muskel-Wracks, nach einem Herzanfall auszusteigen, begeisterten Applaus. Ein auch von Marisa Tomei als Stripperin hervorragend gespielter, bewegender Film, bei dem sich Regisseur Aronofsky stilistisch auffallend zurück hält.

Bei der Publikumsgunst liegt im Wettbewerb am letzten Tag der Kinder-Zeichentrick "Ponyo" vom japanischen Zeichentrick-Spielberg Hayao Miyazaki ("Prinzessin Mononoke") vorne. Einige Kritiker favorisieren knapp Kathryn Bigelows "Hurt Locker" - vor Rourkes großem Auftritt, wohlgemerkt! Petzolds "Jerichow" begeistert wie erwartet nur einen kleinen Kreis.

Wenn man die Vielfalt der vertretenen Regisseure und Autoren, der Stile und Themen ausblendet und so tut, als wären Filmfestspiele ein nationaler Sportvergleich, erwies sich das anfängliche Theater um den italienschen Film als sehr peinlich. Auf ein paar harmlose Zeilen des Nachrichtenmagazins "Der Spiegel" reagierte der Kulturminister Berlusconis, Sandro Bondi, beleidigt und Festivalchef Marco Müller prognostizierte einige Preise für den unglaublich guten italienischen Jahrgang. Die vier italienischen Starter im Wettbewerb - einer mehr als nach üblicher selbstauferlegter Höflichkeit des Gastgebers - langweilten oder enttäuschten auf ganzer Linie.
Die Abwesenheit von so schön einfach bekannten Namen des US-Kinos wurde von einer Verteilung auf die ersten und letzten Tage halbwegs kaschiert, doch die Glamour-Medien mäkelten konstant. Als Grund für die geringe Zahl von Hollywood-Filmen wurde der Autorenstreik zu Beginn des Jahres gehandelt. Doch vor allem die überzogenen Zimmerpreise auf dem Lido und die Konkurrenz des Festivals von Toronto, das seit Donnerstag läuft, kratzen an der Position Venedigs. Viele Filme sind auf beiden Festivals zu sehen. Also nicht das nahe Rom, das mit seinem protzigen Festival mittlerweile ohne Bedeutung scheint, bedroht das älteste Filmfest, das 2011 mit einem neuen Palast auftreten will. Bis dahin könnte man sich auf die guten Filme konzentrieren, von denen es im kompakten Programm reichlich gab, wenn weiter als das Nationen-Nummernschild blicken wollte.