10.9.08

Babylon A. D.


USA, Frankreich 2008 (Babylon A. D.) Regie: Mathieu Kassovitz mit Vin Diesel, Melanie Thierry, Michelle Yeoh 101 Min. FSK: ab 16

Der Franzose Mathieu Kassovitz hat als Schauspieler ein markantes Gesicht und als Autor/Regisseur eine eigene Handschrift. Seit der heftigen Sozialstudie „La Haine“ (1995) ist er international bekannt, 2000 legte mit „Die purpurnen Flüsse“ einen internationalen Hit nach. „Gothika“, sein Hollywood-Flirt mit Halle Berry, war 2003 nur mäßig gelungen. Jetzt schrieb, inszenierte und produzierte er „Babylon A. D.“, einen futuristischen Action-Film. Die Hauptrolle hat Vin Diesel, ein Star des Haudrauf-Genres. Da muss man an Luc Bessons „Das fünfte Element“ denken, Bruce Willis schlug sich damals durch grandiose Zukunftsbilder, die vom Comic-Meister Enki Bilal inspiriert waren. „Babylon A. D.“ geht in diese Richtung, bedient sich einiger Versatzstücke, aber bleibt letztendlich ein ganzes Stück hinter dem klasse Kino-Klassiker zurück.

Der glatzköpfige Toorop (Vin Diesel) mit dem sanften Gesicht bleibt extrem entspannt, selbst mit zahllosen Gewehren, die auf ihn gerichtet sind. Bevor Toorop dem Zwang folgt, bringt er noch den Anführer der Eskorte um - er war eine Schande für die Zunft der Auftragsmörder. Somit ist auch klar, dass in der rauen, mit Muskeln ebenso wie mit Waffen reich bepackten Schale ein guter Kern steckt. Das Abenteuer kann beginnen.

Für den unmöglichen Auftrag, ein junges Mädchen in die USA zu schmuggeln, wird Toorop aus der Luft abgeholt, mit einem Auto, das vom Hubschrauber abgeschleppt wird. In dieser hoffnungslosen Zukunft sieht alles sehr gewöhnlich aus, nur extrem runtergekommen: Der TGV ist mittlerweile eine verbeulte Blechbüchse, ehemalige Kernkraftwerke sind nur noch riesige Krater in unbewohnbaren Gebieten. Die Städte unterscheiden sich nicht sehr von heutigen sozialen Katastrophen-Gebieten, nur die Gewaltbereitschaft mag etwas höher sein.

Aus einem abgelegenen Frauen-Kloster in der Mongolei holt der Söldner Toorop sein „Paket“ ab: Das blonde Mädchen Aurora (Melanie Thierry). Die Reise durch Kasachstan und über die Beringstraße nach Kanada begleitet Schwester Rebecca (Michelle Yeoh) als moralischer und auch schlagkräftiger Beistand. Erst nach vielen, zwangsläufigen Action-Einlagen, erst im Finale wird „Babylon A. D.“ inhaltlich ein richtiger Science Fiction, mit den heutigen Themen genetische Manipulation, künstliche Befruchtung und Gehirnforschung. Hier trifft auch Lambert Wilson als wahnsinniger Forscher auf Charlotte Rampling, die in einem schönen Ehestreit eine Religionsführerin gibt. Der Streit dreht sich um ... eine Tochter? Ein Wunder? Eine jungfräuliche Geburt als Markenzeichen für eine Weltreligion?

Vor allem die Besetzung der nicht wirklich erschütternden Dystopie ist gelungen - mit Gags wie einem narbigern Depardieu als skrupellosem russischen Gangsterboss Gorsky. Das Futuristische beschränkt sich auf ein paar nette Zukunfts-Gimmicks wie Landkarten aus Papier, auf denen man wie auf dem Touchscreen eines iPhone navigiert oder einem elektronisch lesbaren Ausweis, der Raketen hilft, ihr persönliches Ziel zu finden. In den Ruhepausen zwischen der Action überzeugen die Hauptdarsteller, die erwartete Annäherung zwischen Toorop und der messianischen Aurora hebt „Babylon A. D.“ aus dem Genre-Einerlei hervor. „Babylon“ liegt irgendwo zwischen Bessons „Das fünfte Element“ und Cuarons „Children of Men“ - doch bleibt weniger dicht, weniger fantastisch. „Babylon A. D.“ ist vor allem ein Action-Film.