21.5.07

Die schönen Biester

Cannes. Das Traumpaar des Hollywood-Films nahm gestern die Bühne
Cannes für sich ein: Angelina Jolie und Brad Pitt waren mit jeweils
eigenen Projekten an der Cote d'Azur. Die Filme dieses Tages hingegen
gaben sich nach dem Jubiläums-Feuerwerk verkatert und leuchteten ganz
schön viel Hässlichkeit aus den Menschen heraus.

„A mighty heart" erzählt die wahre Geschichte der französischen
Journalistin Mariane Pearl (Angelina Jolie), deren amerikanischer Mann
Danny in Pakistan entführt und schließlich hingerichtet wird. Mit
eindrucksvoller Stärke steuert die Hochschwangere die Nachforschungen
bis zum markerschütternden Schmerzensschrei im Moment der Todesnachricht.

Bei Regisseur Michael Winterbottom, der bislang mühelos zwei
außerordentliche Filme pro Jahr hinlegte, ist „A mighty heart" die erste
Enttäuschung. Es braucht gar nicht den Vergleich zu „Road to Guantanamo"
um die politische Nichtigkeit dieser handwerklich anständigen Arbeit zu
bemerken. Da sitzen in Karachi lauter nette Leute am Krisentisch, gleich
drei Geheimdienste verstehen sich problemlos, alle werden Freunde, auch
die pakistanischen Polizisten, die zwischendurch mal Verdächtige foltern
dürfen. Nur am Ende weist Mariane tapfer darauf hin, dass während der
Entführung auch 10 Pakistani durch religiöse Gewalt starben.
Wahrscheinlich erlag der politische Winterbottom dieser
außerordentlichen Frau und ihrem biographischen Buch zu diesen Ereignissen.

Der Österreicher Ulrich Seidl hält in „Import Export" die Kamera auf
niederste Regionen des Allzumenschlichen und zuckt keinen Moment weg:
Eine Ukrainerin flieht der Armut des Daseins einer staatlichen
Krankschwester in die Sexindustrie und dann nach Österreich. Im Gegenzug
möchte man einen jungen Ex-Wachmann und Arbeitslosen am liebsten aus
allen Gemeinschaften exportieren, so dreckig verhält er sich gegenüber
Freundin und eigentlich jedem. Seidl, der bisher in fragwürdigen
Dokumentationen erbärmliche Menschen vorführte, gibt sich jetzt etwas
fiktionaler, ist weniger authentisch, langweilig, aber immer noch schwer
erträglich voyeuristisch.

Das Gegenteil gelingt – ebenfalls im Wettbewerb – Cannes-Sieger Gus van
Sant („Elephant") im ästhetischen Traum „Paranoid Park". Rund um eine
atemberaubende Skateboard-Arena drehen sich Handlungsschleifen und die
betörende Kamera Christopher Doyles um den Schüler Alex, der einen
horrenden Unfall verarbeiten muss. Hier kann das Grauen nur feine Spuren
in das jugendliche Gesicht zeichnen. Wie die Coens und andere im
60.Cannes-Jahr bringt auch Gus van Sant seine Erzählkunst auf eine neue
Ebene.