7.5.07

Black Book


NL, BRD, Großbritannien 2006 (Zwart Boek) Regie: Paul Verhoeven mit Carice van Houten, Sebastian Koch, Thom Hoffman, Halina Reijn 145 Min.
 
Paul Verhoevens "Black Book" - im Original: "Zwart boek" - ist nicht nur der erste niederländische Film des erfolgreichen Hollywood-Regisseurs seit Jahrzehnten, es ist für 20 Millionen Euro auch eine der teuersten Produktionen des kleinen, aber mit Oscars für "Antonia" und "Karakter" sehr renommierten Filmlandes. Vor allem dort sorgte "Zwart boek" für Diskussionen, wird doch der einst fast heilige Widerstand sehr differenziert und teilweise auch negativ gezeigt: Als das Versteck der jungen, frohgemuten Jüdin Rachel (sehr wandlungsfähig: Carice van Houten aus "Die geheimnisvolle Minusch") zufällig ausgebombt wird, beginnt für das Mädchen aus reicher Familie eine Odyssee. Beim Fluchtversuch ins freie Belgien kommt ihre ganze Familie um, SS-Truppen rauben die Wertsachen der abgeschlachteten Juden. Ein paar Leidens-Stationen weiter macht Rachel mit blond gefärbten Haaren beim Widerstand mit und opfert sich, den Hauptsturmführer Ludwig Müntze (Sebastian Koch) zu verführen. Im Haager Hauptquartier der Nazis begegnet sie auch den Mördern ihrer Eltern, doch Verrat aus den eigenen Reihen durchquert alle Sabotage-Pläne.
 
Im "Zwart Boek" stehen die niederländischen Widerstandskämpfer oft schlechter dar als die "Moffen", die deutschen Besatzer. Müntze erweist sich als naiver Soldat mit gutem Herzen, während der Verräter für seinen Reichtum reihenweise Juden morden ließ. Antisemitismus ist bei Niederländern weit verbreitet, die Frage ob ein jüdisches Leben so viel wert sei wie ein holländisches wird nur rhetorisch gestellt. Dies wird nach einigen Enthüllungen der letzten Jahre das Bild des Widerstands erneut in die Diskussion bringen.
 
Paul Verhoeven drehte 1960 seinen ersten Film und bald danach mit "Floris" die populärste niederländische TV-Serie aller Zeiten. Auch "Das Mädchen Ketje Tippel", "Soldiers" oder "Spetters" waren sehr erfolgreich. "Türkische Früchte", nach dem provokativen Roman von Jan Wolkers gilt gar als Bester Niederländischer Film des letzten Jahrhunderts! Schon "Der vierte Mann", nach der Vorlage des gefeierten wie angefeindeten Literaten Gerard Reve, war ein internationaler Kassenschlager, in Hollywood ging es mit "Robocop", "Total Recall", "Basic Instinct", "Starship Troopers" und "Hollow Man" weiter. Nun kehrte Verhoeven in seine Heimat zurück, vielleicht auch eine Idee für untergehende Hollywood-Titanen wie Wolfgang Petersen.
 
Die zwar enttäuschend konventionell inszenierte, aber trotzdem erschütternde Widerstandsgeschichte von Paul Verhoeven ("Basic Instinct") startet als niederländisch-deutsche Ko-Produktion und gefördert von der Filmstiftung NRW nach dem Auftritt im Wettbewerb von Venedig nun endlich auch in deutschen Kinos.