14.5.07
2 Tage Paris
Frankreich/Deutschland 2007 (2 Days in Paris) Regie: Julie Delpy mit Julie Delpy, Adam Goldberg, Daniel Brühl 100 Min. FSK: ab 12
"Before Sunrise" war mit Julie Delpy so schön romantisch ... für alle, die lieber warten als lieben. In "Before Sunset" belohnte Richard Linklater das Warten und versüßte es mit guten Gesprächen. Aber "2 Tage Paris" (diesmal von und mit Julie Delpy) ist das wahre tolle Leben - nachher. Und umwerfend komisch. Wie eine Tochter Woody Allens streift Delpy mit ihrem amerikanischen Freund durch Paris und liefert einen sensationell guten eigenen Film ab.
Nach dem missglückten Venedig-Trip steigen die New Yorker Jack (Adam Goldberg) und Marion (Delpy) für zwei Tagen in Paris bei den Eltern der Französin ab. Der kulturelle Graben zwischen Frankreich und den USA belastet zunehmend die Beziehung und testet ihre Grenzen aus. Das Niedermachen der Amerikaner wird zur umwerfenden Comedy-Show. Fast eine Stunde Feuerwerk an geistreichen oder gemeinen Pointen, sagenhaften One-Liners (im Original) überfordert auch den größten Comedy-Fan. Dazu ein schwindelerregender Stil mit hektischen Kameraschwenks. Diesmal geht es rund bei der Paris-Rundfahrt mit Julie Delpy. Die gemächlichen Fahrten von Linklater will man hier nicht sehen, diese Frau hat eine ganz andere Power.
Ein Knaller sind die offenen Gespräche mit tollen Hippie-Eltern, die herrlich über den neuen Freund und seine sexuelle Ausrichtung ablachen. Der versteht überhaupt nichts, weil er nicht Französisch spricht und die Eltern kein Englisch. Man amüsiert sich über internationale Kondom-Größen bevor Marions Mutter, die mal was mit Jim Morrison hatte, mitten im Sex die frisch gebügelte Wäsche hochbringt. Auf gute Weise von Moralischem erleichterte Menschen erfreuen ebenso wie die dauergeilen Ex-Liebhaber amüsieren. Die fette Familien-Katze ist dabei komischer als eine ganze Staffel von irgendwelchen TV-Heinis. Daniel Brühl hat eine ganz tolle Kurz-Szene als Öko-Attentäter von der Fast Food-RAF.
Genau in dem Moment, als die Lachmuskel schmerzhaft werden, kommt es zur Trennung des Paares und zum poetisch pessimistisch Resümee des Liebeslebens ... vor der Versöhnung. Auch das Stille, Tiefgründige meistert die knapp über 30-jährige Blonde, die von den einfältigeren Magazinen immer zu den schönsten Frauen gewählt wird. So ist sie nicht nur komisch wie eine Tochter von Woody Allen, sie erzählt wichtige Dinge auch besser, weil nicht immer albern. Julie Delpy schrieb fast alle Dialoge, zeigt nebenbei Mut zum eigenen Gesicht und Stil. Hinter der dicken Brille dürfen da auch Ränder unter den wachen Augen liegen.
Die wunderschöne Musik stammt von Marc Collin, der uns bereits mit den zwei CDs von "Nouvelle Vague" erfreut hat. Wie vorher in den lahmen Linklaters steuerte die Delpy, die schon eine CD mit eigenen Songs veröffentlichte, wieder ein Liedchen bei. Sie war wohl mit Buch, Schnitt, Hauptrolle und Regie nicht ausgelastet. Sensationell - dieser Film und diese Frau! Kino ist reicher seit alledem.