1.4.07

Klang der Stille


USA 2006 (Copying Beethoven) Regie: Agnieszka Holland mit Ed Harris, Diane Kruger, Matthew Goode 104 Min.
 
Man hat Angst in Wien vor "the beast", vor "dem Monster". Gemeint ist ein launiger, schikanierender Beethoven in seinen letzten Lebensjahren. Ein Genie, das nahezu nichts mehr hört und trotzdem besessen weiterkomponiert und - zum Schrecken der Musiker - auch dirigiert. Mit großer Bewunderung, aber ohne Angst landet im Jahre 1824 die talentierte, junge Komponistin Anna Holtz (Diana Kruger) beim stadtbekannten Grobian. Er sucht den besten Kopisten für seine dahingeklecksten Noten. Anna, die 23-jährige Frau erfährt erst Missachtung, dann erwächst sie innerhalb von fünf Minuten zur kongenialen Partnerin beim Korrigieren "falscher Kompositionen". So eine "Entdeckung" könnte ein großer Filmmoment sein. Hier wirkt es wie vom Drehbuch falsch komponiert.
 
Nun ist die selbstbewusste blonde Frau, die in einem Kloster wohnt, Haushälterin, Komponistin, wehrhafte Blitzableiterin und Ko-Komponistin. So erfahren wir, dass eigentlich Anna für die Wirkung der Neunten Sinfonie verantwortlich war. Keiner glaubte an das unmögliche Werk, in welchem der Chor viel zu lange tatenlos auf den ersten Einsatz warten muss. Doch indem sie mitten im Orchester dem Dirigenten van Beethoven "souffliert", rettet die Assistentin zusätzlich die Premiere des gemeinsamen Stückes!
 
Auch wer nur mal "Roll over Beethoven" gehört hat, ahnt wie viel Fantasie hier am Werke war. An sich nicht verwerflich, diese nach "Ludwig van B. - Meine unsterbliche Geliebte" und "Eroica" weitere Beethoven-Biographie hat andere Probleme. Ed Harris ("Pollock") spielt durchaus glaubhaft - wie ihn die akustische Isolation zum Außenseiter machte, thematisiert diese einfache Geschichte auch nicht. Das Problem des Films ist jedoch Diane Kruger, die immer noch glaubt, sie müsse Schauspielerin sein. The vorletztes Supermodel glänzt wieder als flache Harmlosigkeit. So war sie schon als Helena für die Katastrophe von "Troja" verantwortlich. Oder das unsägliche "Goodbye Bafana" - dort sorgt sie als Friseuse im Konsumrausch letztendlich für die Befreiung Nelson Mandela und Südafrika.
 
Wenn man dem "Klang der Stille" nichts abgewinnen kann, so ist dies hauptsächlich der Verdienst von Frau Kruger. Erinnert sich jemand an "Das Mädchen mit dem Perlenohrring"? Auch dort eine junge Frau, die einem wesentlich älteren Genie dienend und inspirierend zur Seite steht. (Was insgesamt nicht reflektiert wird.) Gespielt von Scarlett Johansson, von der man immer noch spricht. (Wenn auch dieses Ein-Blick-Wunder kein besonders vielfältiges Repertoire zu haben scheint.) "Klang der Stille" klingt trotz vielfältiger Bemühungen in Kostüm und Kulisse nicht nach. Der Film erweist sich als hausbacken und bescheiden. Große Momente spielen so gut wie nie auf. Anfangs eine bewegte, expressive Kamera, später nur Abfilmen der historischen Kulissen. Schade, denn die engagierte Regisseurin Agnieszka Holland kann mehr, wie vielleicht am besten im dichten und ergreifenden Henry James-Drama "Washington Square" mit Maggie Smith zu erleben war.