22.3.07

Dieter Schleip - Große Musik statt großer Töne


Maastricht/Aachen. Sie stehen oft im Scheinwerferlicht der glänzenden Scheinwelt Film. Sie haben aber auch die Bodenhaftung nicht verloren. Stellan Skarsgard und der Münchener Komponist Dieter Schleip sind die prominentesten Gäste des Filmfestivals Maastricht-Aachen-Tongern 2007 (25.3. - 1.4.).

Stellan Skarsgard dreht Filme in Hollywood, lebt aber lieber in Schweden, wo ihm nicht "jeder Taxifahrer sein Drehbuch aushändigt". Er wird am Eröffnungstag, den 25.3. in Maastricht sein, wenn dort "Goyas Geister" läuft, in dem Skarsgard - an der Seite von Javier Bardem und Nathalie Portman - den spanischen Maler verkörpert. Dieter Schleip stammt aus Aachen, komponiert in München für junge Regisseure und filmisches Urgestein wie Dominik Graf. Der mehrfach ausgezeichnete Musik, der nicht so sehr frustriert wie Wiederholungen hat sich begeistert bereit erklärt, am engagierten Kinofilm junger Aachener Regisseur mitzuarbeiten. Schleip wird mit seinem aktuellen Film "Die Hochstapler" am Montag (22 Uhr) im Cinekarree sein.

Es sind auch im Film meist richtig gute Geschichten, wenn einer seiner Heimat den Rücken kehrt, in der großen Welt Erfolg findet und dann wiederkehrt. Dieter Schleip - geboren 1962 in Aachen - ist Autodidakt, brachte sich das Komponieren und das Spielen der Instrumente mit der Heimorgel seines Vaters und der Wandergitarre seiner Schwester selbst bei. Als E-Gitarrist und Keyboarder der Punk-Band "Catch 22" wurde es ihm bald zu "eintönig". Dieter gründete mit anderen das "Aachener Filmhaus" und schrieb erste Musiken für Kurzfilme seiner Kumpel.

"Ich hatte mich gefragt, wie ich meine Liebe zum Film und zur Musik am besten verbinden kann. Die einzige Antwort auf diese Frage ist für mich, Filmmusik zu machen". (Dieter Schleip)

1987 zog der Aachener nach München, arbeitete als Tonmeister am Theater, lernte junge Film-Studenten kennen. 1995 gab es mit der Musik zu "Roula" den Durchbruch, 2000 den "Deutschen Fernsehpreis" für zwei Fernsehfilme. Nach der Beziehungskomödie "2 Männer, 2 Frauen - 4 Probleme!?", dem hoch gelobten Drama "Roula", "Die Einsamkeit der Krokodile" und "Der Felsen" war "Der Rote Kakadu" ein weiterer Kinofilm auf Schleips Erfolgsliste. Er überrascht immer wieder mit einer Vielfalt der Stile, produziert mal aufwändig mit großem Orchester, mal prägnant mit begrenztem Instrumentarium. Der Komponist sieht es als Lob an, dass er nicht direkt wieder erkennbar ist. Wie etwa Hollywood-Kollege Hans Zimmer, der seinen Stil in Kleinserie von Handlangern imitieren lässt.

So zeigen "Die Hochstapler", die im Filmfestival Maastricht-Aachen am 26.3. zu sehen sind, auch musikalisch viele Gesichter. Wobei es schon ungewöhnlich ist, das eine Dokumentation mit symphonischem Score auftrumpft. "Die Hochstapler" (Regie Alexander Adolph) sind vier Männer, die ein besonderes Wissen weitergeben: Wie man andere belügt, betrügt, manipuliert, für dumm verkauft, wie sie sich Geld, Aufmerksamkeit und Liebe erschwindelt haben - und was das Lügen mit einem anstellt.

Daneben arbeitete Schleip, der immer noch was gegen Eintöniges hat, mit drei jungen Aachenern zusammen: Die drei Regisseure von "Rebell Film" - Bahman Nedaei, Babak Ghassim und Ben Ouatarra - bezeichnen sich selbst als "internationale, junge Gruppe mit Ambitionen, die eingerostete, deutsche Filmindustrie zum nächsten Level zu führen". Sehr dynamisch gewannen sie für ihre Kurzfilme schon Preise bei den "Aachen Hotspots 04" und dem "Euregio Filmpreis". Jetzt gehen sie ihren ersten Kinofilm an, die Szenen sind abgedreht, man sitzt gerade am Schnitt. Es geht um einen Brandanschlag auf eine türkische Familie, die eine ganze Stadt in Aufruhr gebracht hat. Ausländische Jugendliche mischen die Stadt auf. Sie schüren Hass gegen Deutsche, und wollen Rache. Die Protagonisten sind ein deutscher, ein türkischer und ein afrikanischer Jugendlicher. Ihre Geschichten werden sich kreuzen und vereinen. "Entweder finden sie ihre Identität, oder gehen an ihr kaputt", sagen die Film-Rebellen zu ihrer Story. Das ist zwar eine andere Generation, aber die Energie dieser jungen Kreativen erinnert an einen Punk-Gitarristen, der vor zwanzig Jahren aufbrach und jetzt ganze Orchester nach seinem Taktstock spielen lässt.


Von Dieter Schleip auf CD erschienen:
- Roula - Dunkle Geheimnisse (1996, Colosseum Nr. CST-8056)
- 2 Männer, 2 Frauen, 4 Probleme (1997, BMG Ariola Nr. 74321522632)
- Die Einsamkeit der Krokodile (2001, Koch Classics Nr. 3-6968-2)
- Der Felsen (2002, all score media Nr. ASM 011)
- Liegen lernen (2003, Labels 7243 593 444 23)

http://www.dieter-schleip.de


Programm Aachen, Cinekarree
Montag, 26. März
19.30 Uhr: Avant-Premiere SALVADOR mit Daniel Brühl
21.30 Uhr: Eröffnungsempfang im Restaurant Regie / Cinekarree
22.00 Uhr: Aachen-Premiere DIE HOCHSTAPLER mit Dieter Schleip (Komponist, Aachen/München)

Dienstag, 27. März
19.30 Uhr: Avant-Premiere SALVADOR mit Daniel Brühl
22.00 Uhr: European Student Shortfilms mit 3 MÄNNER aus Aachen

Weitere Infos unter:
http://www.cinekarree.de/ (Link: Filmfestival 2007 unter "Specials")
http://festival2007.lumiere.nl/index_html