6.3.07

Bobby


USA 2006 (Bobby) Regie und Buch: Emilio Estevez mit Demi Moore, Anthony Hopkins, Elijah Wood, Sharon Stone, Freddy Rodriguez, Shia LaBeouf, Lindsay Lohan, Nick Cannon 117 Min. FSK: ab 12
 
Menschen im Hotel und die Hoffnungen einer ganzen Welt: Schauspieler Emilio Estevez gelang in seiner grandiosen Regiearbeit eine beeindruckende Mischung aus menschelnden Geschichten und einer großen, tragische gescheiterten Utopie. Kurz vor dem Mord am Präsidentschaftskandidaten Robert F. Kennedy versammelt das Ambassador-Hotel in Los Angeles zahlreiche Geschichten...
 
Los Angeles, Anfang Juni 1968. In Kalifornien wird abgestimmt, wer für die Demokraten gegen den ungeliebten Präsidenten Nixon antritt. Das Ambassador beherbergt die Wahlkampfzentrale Bobby Kennedys, aber "Bobby" zeigt sich nur am Ende in einigen besonders bewegenden Szenen. Vorher erleben wir große und kleine Geschichten: Demi Moore monologisiert als alternder, alkoholkranker Vegas-Star. Die Chef-Manikeuse des Hotels (Sharon Stone) macht eine junge Braut (Lindsay Lohan) zurecht, die heiratet, um wenigstens einen jungen Mann (Elijah Wood) vor dem Tod in einem weiteren unsinnigen Krieg zu retten. Ein Ehepaar (Martin Sheen, Helen Hunt) bewältigt seine Depressionen. Der Hotelchef (William H. Macy) feuert den rassistischen Küchenmanager und betrügt seine Frau. Zwei Wahlhelfer erleben ihren ersten LSD-Trip. Der verschmitzt altersweise Ruheständler (Anthony Hopkins) liefert sich Rede- und Schachduelle mit einem Kollegen (Harry Bellafonte). Mexikaner und Schwarze streiten in der Hotel-Küche, wie man den Weißen ein paar Rechte abtrotzen könnte, was macht man mit der Wut, die in einem steckt...
 
Die grandiose Darstellerriege gestaltet diese Episoden einnehmend. Vor allem spürt man den gemeinsamen Nenner der Geschichten, die auf einen kulminierten Höhepunkt von Wahlparty, Hochzeit und Entlassung zulaufen. Emilio Estevez (selbst als Manager des Vegas-Star zu sehen) gelang nach mäßigen Regie-Versuchen ("Men at Work") ein dramaturgisches Meisterwerk, das die zerstörten Hoffnungen einer Gemeinschaft mit den Tragödien der Menschen im Hotel zu verbindet. Dabei - und das sieht man nicht alle Tage - fungiert eine politische Rede im Originalton als emotionaler Höhepunkt. Auf dem demokratischen Senator Robert "Bobby" Kennedy ruhten nicht nur die Hoffnungen, den Vietnam-Krieg zu beenden. Auch in Sachen Chancengleichheit, Armut und Umweltverschmutzung versprach er neue Ansätze. Kennedys Rede gegen die Politik der Angst, der Konfrontation wirkt dabei hochaktuell. Wie heute hängt die USA in einem extrem mörderischen, Milliarden verschlingenden Krieg. Statt Ausgleich wird auf geradezu kindische Weise Konfrontation gesucht. Dieser tragisch endende Moment einer kurzen Hoffnung, wird geschickt mit dokumentarischen Aufnahmen inszeniert. Dabei erstaunt weniger die technische Umsetzung. Es ist der in allen Szenen mitklingende Zeitgeist, dessen Verbluten im Finale so erschüttert.