12.3.07
Der letzte König von Schottland
Großbritannien 2006 (The Last King of Scotland) Regie: Kevin Macdonald mit Forest Whitaker, James McAvoy, Kerry Washington 123 Min. FSK: ab 16
Nach "Bobby" von Emilio Estevez begeistert auch "Der letzte König von Schottland" als packender Spielfilm, der engagiert auch von Welt und Politik erzählt: Der Afrika-Trip eines jungen schottischen Arztes führt Anfang der Siebziger Jahre direkt in den inneren Kreis der Macht um den neuen ugandischen Präsidenten Idi Amin. Dass dies auch ein Herz der Finsternis ist, entdeckt der ebenso rebellische wie naive Schotte zu spät.
Nicholas Garrigan (James McAvoy) nutzt den Abschluss seines Medizinstudiums zum großen (Auf-) Bruch: Statt in die Praxis seines Vaters tritt er in die große Politik ein - auf Umwegen: Nicholas ist ein lebenslustiges Jüngelchen mit gutem Herzen bis er in einer unglaublich intensiven Szene auf Idi Amin (Forest Whitaker), den neuen Präsidenten Ugandas trifft. Es kommt zum ungleichen Trikottausch: Das Uniformhemd des Generals gegen Garrigans T-Shirt mit "Scotland"- Aufschrift. Garrigan fährt bald darauf im Auto des Präsidenten durchs Land, wird Leibarzt, Freund und macht nebenbei Staatsgeschäfte. Es ist eine fröhliche Party im engsten Kreis der Macht. Nur kurz überlegt der Quereinsteiger, wo denn eigentlich seine Vorgänger abgeblieben sind...
Nicht nur im gemeinsamen Hass gegen die Briten finden sich der Schotte und der ehemalige englische Kolonialsoldat Amin. Der früh als brutaler Schlächter und Kannibale verrufene General begeistert sich für den jungen Arzt wegen dessen unangepasster Art. Garrigan sagt was er denkt, wandelt sich aber auch zu einer Art Hofnarr. Zu lange verteidigt der Europäer den selbstbewussten Afrikaner, der eines der ersten freien Länder des Kontinents regiert, es aber dank zunehmender Paranoia mit Terror überzieht.
Der Jähzorn, der absolutistische Wille des 1,90 Meter großen, 100 kg schweren großen Kindes Idi Amin wird sensationell und preisgekrönt (BAFTA Award, Golden Globe, Oscar) von Forest Whitaker verkörpert. Kameramann Anthony Dod Mantle ("Das Fest", "Mifune") bringt den direkten, unruhigen Stil der Dogma-Filme hier in einen ganz anderen ästhetischen Zusammenhang. Und er funktioniert auch dabei großartig. Die fiktionale Geschichte über einen ganz realen Diktator, der in acht Jahren Herrschaft 200.000 - 500.000 Menschen ermorden ließ, basiert auf dem gleichnamigen Roman des englischen Journalisten Giles Foden aus dem Jahre 1998. Das Drehbuch schrieb Peter Morgan, der schon in "The Queen" (Regie: Steven Frears) über die Britten herzog.
Zu einem eindringlichen und erschreckenden Meisterwerk fügte der Dokumentarist Kevin Macdonald ("Touching the Void", "Ein Tag im September") alles zusammen. Dabei bietet er genügend Material für eigene Beobachtungen an. Der Vergleich etwa zwischen den ärmlichen Gesundheitsverhältnissen auf dem Land und den luxuriösen Klinik in der Hauptstadt Kampala. Es gibt Action bei Attentatsversuchen, Angst bei paranoiden Ausbrüchen Amins, enorm starke, eindringliche Bilder wie das Blut, das Garrigan wie nebenbei an seinen Händen findet. Doch das Psychogramm eines Diktators ist das dunkle Herzstück dieses gewaltigen Films.