5.7.22

Rifkin's Festival


USA, Spanien, Italien 2020, Regie: Woody Allen, mit Wallace Shawn, Gina Gershon, Elena Anaya, 92 Min., FSK: ab 12

Altmeister Woody Allen ließ sich seinen 51. Film wieder von einer europäischen Region finanzieren, diesmal von San Sebastian. Das dortige Filmfestival inspirierte zu einer herrlich cineastischen Altherren-Komödie: Der filmbegeisterte Autor Mort Rifkin (Wallace Shawn) begleitet seine jüngere Frau, die Presseagentin Sue (Gina Gershon). Doch Filmfestivals sind nicht mehr das, was sie mal waren, lamentiert das kleine Männlein mit Halbglatze und Bauch in unvorteilhafter Jeans. Es geht nicht mehr um Kunst, um die großen europäischen Meister; eine junge Blondine wird als perfekt für die Rolle von Hannah Arendt im Eichmann-Prozess angesehen. Was Mort eigentlich antreibt und scheinbar todkrank macht, ist die Eifersucht auf Sues aktuellen Kunden, den jungen, angesagten Regisseur Philippe (Louis Garrel). Die bissigen Bemerkungen des Fachidioten im klassischen Film werden vom Nebenbuhler allerdings gar nicht wahrgenommen. Ja, er selbst wird beim Essen zu dritt völlig ignoriert. Grund genug für Herzklabaster, doch verursacht erst die von alten Freunden empfohlene Ärztin Dr. Jo Rojas (Elena Anaya) richtige Herzrhythmusstörungen bei Mort.

Der alte Narr verliebt sich in die junge Ärztin und macht sich tatsächlich Hoffnungen, weil sie sehr unter ihrem Ehemann, dem leidenschaftlichen Maler Paco (Sergi López), leidet. Leidenschaftlicher Pinselschwinger war bei Woody Allen bereits Javier Bardem in „Vicky Cristina Barcelona" und lächerlich menschliche Gefühlsirrungen gab es in jedem Film. Reizvoll wird das alte Allen-Repertoire an der malerischen Biskaya-Bucht durch Morts Schwarzweiß-Visionen im Stile seiner Idole Fellini, Godard oder Bergman. Da sieht sich der Verlierer in der Rolle Belmondos „Außer Atem" im Bett neben seiner angebeteten Ärztin. Gina Gershon bekommt einen Liv Ullmann-Moment in Schwedisch. Und in der (neben einem Fellini-Jahrmarkt) schönsten Szene spielt Christoph Waltz als Tod aus Bergmans „Das siebente Siegel" Schach mit Mort. Der alte Mann kommt schließlich mit der Lächerlichkeit davon, der Film mit seinem undramatischen Humor.