(The King's Man) Regie: Matthew Vaughn, mit Ralph Fiennes, Gemma Arterton, Rhys Ifans, Matthew Goode, Tom Hollander, Harris Dickinson, Daniel Brühl, Djimon Hounsou, Charles Dance, 131 Min.
Nach zwei sehr gelungenen „Kingsman"-Filmen ist „The Beginning" nicht so sehr die Rückkehr zu den Anfängen des spektakulären NGO-Geheimdienstes, sondern eine historische Verdrehung mit Action-Einlagen, pazifistisches Pamphlet mit geringer Haltbarkeit, Familien-Erinnerung mit begrenzter Rührung und ... und ... und. „Kingsman"-Regisseur Matthew Vaughn verzettelt sich nachhaltig mit internationalen Stars wie Ralph Fiennes, Gemma Arterton oder Rhys Ifans. Daniel Brühl („Good Bye, Lenin!") als Hanussen und August Diehl („München") als Lenin machen munter mit beim albernen Mummenschanz.
Das Attentat auf Erzherzog Franz Ferdinand am 28. Juni 1914 in Sarajevo steht nach Meinung vieler Historiker am Anfang des Ersten Weltkriegs. „The King's Man: The Beginning" klärt uns drüber auf, dass der Mörder Gavrilo Princip dazu vom nicht wirklich mysteriösen Kaschmir-Züchter „The Shepard" (Matthew Goode) auf einem atemberaubend unzugänglichen Bergplateau beauftragt wurde. Hier entstehen nicht nur teure Schals, auch europäische Geschichte wird von einem Schotten gemacht, der die Schmach seiner Nation durch die Engländer rächen will. Kurzfassung des schurkigen Plans: Die blutsverwandten Herrscher von England, Preußen und Russland (alle mit Witz gespielt von Tom Hollander) aufeinanderhetzen, dann in Russland eine Revolution auslösen und in den USA Präsident Wilson durch Erpressung mit einem schmutzigen Filmchen vom Kriegseintritt abhalten. Hilfreich dabei Schergen wie Princip, Grigori Rasputin (Rhys Ifans), Mata Hari (Valerie Pachner) und Erik Jan Hanussen (Daniel Brühl).
Mittendrin in den internationalen Verwicklungen steckt der edle Adlige Orlando Oxford (Ralph Fiennes), der im Burenkrieg seine Frau verliert. Alexandra Maria Lara tritt in einer grandios peinlichen Kurzszene auf und versprüht den Rest des Films als überlebensgroßes Ölgemälde ebenso viel Lebendigkeit. Auch geschockt von den brutalen Gefangenenlagern, die der berüchtigte General Kitchener (Charles Dance) - eine von vielen historischen Figuren - in Südafrika eingerichtet hat, wird Oxford zum Pazifisten. Eine zu Anfang des letzten Jahrhunderts schwierige Haltung. Vor allem, wenn der Sohn Conrad (Harris Dickinson) unbedingt fürs Vaterland kämpfen will.
Weit vom comichaften Heldentum der ersten beiden Teile entfernt, kritisiert der nicht nur im Schriftbild andere „King's Man" ganz ernsthaft die Arbeiter-Verheizungs-Doktrin „Dulce et decorum est" („Süß und ehrenvoll ist es, fürs Vaterland zu sterben."). Allerdings ist der Oxford-Nachwuchs so schnell von der Notwendigkeit des Tötens überzeugt, wie er vom Horror des Krieges entsetzt ist. Holterdiepolter gibt es einen aus Flammen geborenen Helden und den lächerlichen Kampf mit dem einhörnigen Kaschmir-Bock. Kapitalismus-Kritik, die den Industriellen DuPont zum wahren Herrscher der Vereinigten Staaten macht, wechselt sich ab mit Pappkameraden-Zoten um die europäischen Adelshäuser. Emotionen beim Tod von Frau und Sohn Oxford sollen berühren, doch schnell geht es weiter zu großer Weltgeschichte mit kleinen Bausteinen des Detektiv-Genres.
Ein paar aufwendigere Action-Momente lassen die überdrehte Frische der ersten „Kingsman"-Filme vermissen. Der einstige „English Patient" Ralph Fiennes ist mittlerweile als Bond-Boss und als King's Man im Dauereinsatz für die Geheimdienste und dabei fast so unsympathisch wie als SS-Offizier in „Schindlers Liste". Es ist vor allem das durchgehend Uneinheitliche, das einen auch ansonsten nicht sonderlich gelungenen Erfolgs-Abklatsch so schwer erträglich macht.