Spanien 2021 Regie: Alejandro Amenábar, Álvaro Mel, Ana Polvorosa, Stanley Tucci, sechs Folgen je ca. 45 Min.
Nach den grandiosen Erfolgen von „Abre los ojos" (1997), „The Others" (2001) und „Das Meer in mir" (2004, Oscar für den besten fremdsprachigen Film) wurde es still um den spanischen Regisseur Alejandro Amenábar. „Agora - Die Säulen des Himmels" (2009) war noch interessant, „La Fortuna" ist nun die erste Fernsehserie des Oscar-Preisträgers. Ein überzeugender Kulturkampf um altes Gold, mit dem auch Neue Medien gemeint sein können.
Álex Ventura (Alvaro Mel), der sehr junge Absolvent einer spanischen Diplomaten-Schule, und der erfahrene US-amerikanische Abenteurer Frank Wild (Stanley Tucci) sind gänzlich gegensätzliche Typen. Der eine scheint seine Hoffnungen auf den Traumjob in einem Berg von Briefen begraben zu müssen. Der andere hat gerade den größten Schatz aller Zeiten in einem versunkenen Schiff bei der Meerenge von Gibraltar entdeckt. Gold- und Silbermünzen im Wert von einer halben Milliarde. Trotzdem werden Álex und Frank erbitterte Gegner im Kampf um den Schatz der „Fortuna".
Der jugendlich naive Álex wollte eigentlich am ersten Arbeitstag im Kulturministerium beim Minister vorsprechen. Doch es dauert ein paar lustige bis peinliche Szenen, bevor er tatsächlich mit beschwipstem Koreanisch auf sich aufmerksam macht. Der unerfahrene Diplomat überwindet die Trägheit seiner Kollegen und weckt den Kämpfergeist des linken Ministers. Álex soll für Spanien einen Schatz beanspruchen, den der berüchtigte Plünderer Frank Wild aus dem Meer geborgen hat. Dafür muss laut US-Recht innerhalb von sieben Tagen bewiesen werden, dass die Münzen von einem spanischen Wrack stammen. Wir haben zwar in einer Rückblende gesehen, wie hinterhältige Briten 1804 die Fortuna mit seinen zivilen Passagieren versenkt haben, doch bei hunderten Wracks vieler Seeschlachten rund um Gibraltar wird der Beweis zur Nadelsuche im Heuhaufen.
Das Drehbuch zur spanischen Serie basiert auf der Graphic Novel „El Tesoro del Cisne Negro" („Der Schatz der Black Swan") von Paco Roca und Guillermo Corral, die wiederum von der wahren Geschichte der spanischen Fregatte „Nuestra Senora de las Mercedes" inspiriert ist. 1804 von der britischen Marine versenkt, wurde ihr Schatz 2007 vom amerikanischen Unternehmen Odyssey Marine Exploration geborgen. Die spanische Regierung führte über mehrere Jahre hinweg eine Reihe von Rechtsstreitigkeiten, um schließlich die mehr als 500.000 Gold- und Silbermünzen zurückzuerhalten.
„La Fortuna" zeigt sich in der ersten beiden Folgen, die zur Sichtung freigegeben waren, als Kultur-Thriller mit interessanten Figuren, ansprechender Inszenierung und spannender Kulturgeschichte. In dem Sinn, dass aufgezeigt wird, welchen Wert Kultur in der spanischen Gesellschaft hat, und nicht nur dort. Die alten Fronten zwischen Spanien und England sowie den Vereinigten Staaten sind immer noch da und es ist ganz klar, auf welcher Seite die Serie steht. Auch wenn sie nicht an Kritik gegenüber der eigenen verstaubten und korrupten Kultur-Politik spart.
Es ist natürlich nicht nur ein wenig ironisch, dass der Schatzraub genau das beschreibt, was in Sachen Film und Serie aktuell weltweit passiert: Der imperiale Konzern Netflix beutet die Medienschaffenden kleinerer Film-Nationen aus, um deren Produkte weltweit zu verwerten. Ob das jetzt gut für die „Kleinen" oder nur gut für Netflix ist, bleibt umstritten. Wobei direkt eine Entschuldigung in Richtung Spanien fällig ist, dies Land ist eine große Film-Nation, was diese Serie wieder belegt.
Ab 24. Dezember ist „La Fortuna" täglich ab 18.25 Uhr in Doppelfolgen auf Sky One zu sehen. Ab 24. Dezember ist die komplette Staffel auf Sky Ticket und über Sky Q auf Abruf verfügbar.