31.7.12

Who Killed Marilyn?

Frankreich 2011 (Poupoupidou) Regie: Gérald Hustache-Mathieu mit Jean-Paul Rouve, Sophie Quinton, Guillaume Gouix, Olivier Rabourdin 102 Min.

Wer war Marilyn? Ein Star, eine Ikone, klar. Und wer Norma Jeane Baker? So wie man sich mit dem eigentlichen Namen hinter dem Mythos Marilyn dem Privaten nähern will, so nähert sich auch dieser Krimi mit komödiantischem Einschlag einer tragischen Geschichte um die Monroe des verschneiten Jura-Kaffs Mouthe.

Candice Lecoeurs Gesicht strahlt von jeder Verpackung des berühmt-berüchtigten Jura-Käses aus Mouthe. Doch bevor sie ein Fotograf beim Jobben an der Tankstelle entdeckte, bevor sie sich die Haare blond färbte und bevor die Liebe ihrer Fans sie erstickte, hieß Candice als schüchternes Mädchen Martine Langevin (Sophie Quinton). Nun liegt sie tot im Schnee, der Fundort im Niemandsland zwischen Frankreich und Schweiz verhindert Ermittlungen - die verstreuten Pillen weisen sowieso deutlich auf Selbstmord hin.

Das alles ist ein gefundenes Fressen für den blockierten Schund-Schriftsteller David Rousseau (Jean-Paul Rouve) aus Paris, der hier ein Erbe abholen wollte und dem selbst Rum und Mac nicht helfen, sich den Vorschuss auf einen neuen Roman zu verdienen. Wie ein Aasgeier stürzt er sich auf die Geschichte des blonden Käsestars der Provinz. Mit seiner persönlichen „James Ellroy-Methode" schleicht er sich sowohl ins Leichenschauhaus als auch in die Wohnung der Verstorbenen, um rauszufinden, ob es wirklich Selbstmord war. Dazu gibt es Kommentare, die es eigentlich nicht geben kann, nämlich die von der Toten, die fleißig miterzählt.

Martines Tagebücher geben Auskunft über die Rollen eines Mädchens aus armen Verhältnissen, die durch einen erotischen Werbespot berühmt wurde. Dabei sind die Parallelen zu Marilyn frappant: Der schlagende Mann ist statt Baseball-Star französischer Biathlon-Meister. Der Arthur Miller des Jura ist Literaturkritiker und ihr nächster. Als strippenden Wetter-Fee gibt sie sich ebenso kapriziös und männermordend wie Marilyn bei Dreh zu „Der Prinz und die Tänzerin". JFK heißt hier JFB und ist Präsident der Region. Candice singt für ihn „Happy Birthday, Mr. President" bei einer Kartoffel-Preisverleihung. Bobby, der Bruder, sorgt dann dafür, dass sie sterben muss...

Der schräge französische Krimi auf den Spuren der Coen-Brüder („Fargo") fängt an wie „Twin Peaks" und folgt auch den Spuren von Laura Palmer. „Who Killed Marilyn?" lebt einerseits vom skurillen Schriftsteller-Typen David Rousseau, der sich immer wieder in peinliche Situationen bringt und die Verschrobenheit des von Kyle MacLachlan gespielten „Twin Peaks"-Detektives Dale Cooper wie das Etikett seiner frisch erstandenen Winterjacke an sich hängen hat. Mitten in der Winterlandschaft des kältesten Dorfes Frankreichs rockt er in seinem Peugeot-Cabrio auf „California Dreaming" in einer besonders sonnigen Version von José Feliciano ab.

Dagegen ist die kurze Lebensgeschichte von Martine Langevin anrührend schmerzensreich und mit klugen wie bitteren Bemerkungen zum Preis des Erfolges gespickt. Wie Rousseau schließlich erfährt, dass die mögliche Heldin seines neuen Romans ein begeisterter Fan seiner alten Geschichten war, gehört ebenso wie sein Hotel mit optisch heftigen Tapeten zu den raffinierten und vertrackten Details dieses vielfältig reizvollen Films.