USA 2012 (Brave) Regie: Mark Andrews, Brenda Chapman 93 Min.
Die moderne Animations-Schmiede Pixar gehört zum traditionellen Zeichentrick-Konzern Disney - oder ist es umkehrt? Es hat jedenfalls eine Weile gedauert, bis eine derartige Annäherung wie jetzt bei „Merida" stattfand: Digital animiert erzählt es brav und familiengerecht von jugendlicher Aufmüpfigkeit, die im reizvollen Zeichenrahmen bleibt. So lässt der 13. Pixar-Film die Sensationen von „Toy Story" oder „Findet Nemo" vermissen, kann aber doch mit einer turbulenten Märchengeschichte vor schön gezeichneten und komponierten (Musik: Patrick Doyle) schottischen Hintergründen unterhalten.
Merida ist als schottische Prinzessin eher Räubertochter und wild als etepetete. Wann immer sie kann, schleicht sie sich von Burg und strenger Schule der Mutter weg, um im Wald mit Pferd und Bogen herum zu jagen. Das lockige rote Haar im Wind dabei so ungezügelt wie das Kind. Da kommt Merida ganz nach dem Vater, einem riesigen, schottischen Clan-Chef, dem einst ein legendärer Bär ein Bein abriss. Die unterschiedlichen Lebenspläne von Mutter und Tochter führen aber zum Riss in der Familie, als die Söhne von drei verbündeten Clans - u.a. die Macguffin und die Macintosh - um Meridas Hand anhalten. Das Mädchen besiegt sie kurzerhand im Bogenschießen, sprengt die Enge des Kleides (so wie vorher das rote Haar partout nicht unter die Haube wollte) und flieht in den Wald. Dort führen Irrlichter und eine Art Mini-Stonehenge zu einer sehr wirren und witzigen Hexe, deren Zauber allerdings gar nicht komisch ist: Meridas Mutter soll sich ändern, wünscht sich das Mädchen, doch die Verwandlung in eine mächtige Bärin ist nicht, was sie erwartete. Nun muss Merida sich um Mutter-Bär kümmern, während der bärenhassende Vater mit den anderen Clans in der Burg rauft und säuft. Dabei haben die Frauen nur zwei Tage Zeit, den Zauber rückgängig zu machen...
Dass die höfisch feine Mutter auf die harte Tour das Leben in der Wildnis schätzen lernt, ist ein Effekt dieses drastischen Einschnitts ins feine Gewebe des Schicksals, dargestellt durch einen Wandteppich, den Merida aus Versehen zwischen ihrer und der Mutter Darstellung zerschneidet. Andererseits muss das Mädchen nun allein die komplizierte und traditionelle Machtbalance zwischen den Clans raufender Deppen ausgleichen, die ja eine Hochzeit bewerkstelligen sollte. Dass die Erfindung der romantischen Liebe dabei vom Himmel fällt, ist als Lösung etwas einfach. Aber im Kern ist „Merida" ja auch nur ein Teenie-Verwechslungskomödie, aufgehübscht um ein paar keltische Elemente.
Das klingt tatsächlich sehr nach Disney, man könnte außer dem Ausbleiben neuer Visionen auch bemängeln, dass die Heldin Merida ein Gesicht wie eine Plastikpuppe hat. Das Lebendige ihrer Figur steckt ganz und gar in den Bewegungen ihres Körpers und im wilden Haar. Doch insgesamt ist „Merida" durchaus gelungen. Die Mischung aus Humor, Abenteuer und Gefühl stimmt. Drei kleine, freche Brüder des Mädchens sorgen für Scrat-Slapstick zwischendurch. Und sowohl Mutter wie Töchter können etwas Verständnis mit aus dem Kino nehmen, für die nächste Erziehungssituation, wenn wieder mal eine zum Tier wird.