22.7.09

Kleine Tricks


Polen 2007 (Sztuczki) Regie und Buch Andrzej Jakimowski mit Damian Ul, Ewelina Walendziak, Rafal Guzniczak, Tomasz Sapryk, Iwona Fornalczyk, Joanna Liszowska 96 Min. FSK o.A.

Wie sehr kann man dem Glück nachhelfen? Das fragt der kleine Stefek (Damian Ul) seine fast erwachsene Schwester Elka (Ewelina Walendziak). Der wunderbar leichte und verspielte Sommer-Film antwortet: Das geht nicht ... oder vielleicht doch.

Auf dem Bahnhof eines kleinen polnischen Städtchens meint Elka in einem umsteigenden Fahrgast (Tomasz Sapryk) den gemeinsamen Vater zu erkennen, der vor vielen Jahren die Mutter für eine andere verlies. Nun setzt sich Stefek in den Kopf, Schicksal zu spielen, damit der vermeintliche Vater zurückkehrt und bleibt. Mal streut der Junge Münzen auf die Gleise, damit der Rangierer sie aufsammelt und der Zug, in den die Zielperson täglich zur Arbeit umsteigt,  länger steht. Der nächste Münzwurf geht fast böse schief, um dann doch sein Ziel zu erreichen.

Es sind keine Lausbubenstreiche, eher eigenwillige Versuche, zu verstehen, wie so alles funktioniert in dem Dorf. „Kleine Tricks“ erzählt in der Tradition des Ost-Kinos trocken und komisch vom polnischen Dorfleben in bräunlichen Farben. Völlig undramatisch, ohne in Pessimismus zu verfallen. Dabei spielt Regisseur Andrzej Jakimowski ebenso schelmisch wie sein kleiner Held mit Zufall und Schicksal. Die gutherzige Elka legt einen frischen Hamburger neben den Papierkorb, damit der stöbernde Obdachlose ihn findet. Zwar scheint es nicht zu klappen, weil ein Hundehalter den Leckerbissen an seinen Vierbeiner verfüttern will, doch dann passiert noch etwas Unerwartetes und die milde Gabe findet ihr Ziel - mit einer kleinen, bösen Pointe. Der Zufall möglicherweise? Kieslowski vielleicht? Denn bei Zügen und Münzen am Bahnhof steckt ganz deutlich der verstorbene polnische Regiemeister Krzysztof Kieslowski drin, wenn in kleinen, scheinbar belanglosen Alltagsszenen Schicksal und Zufall durchkonjugiert werden.

Elka, die für Stefek Mutter und Vater ist, hofft derweil auf einen besseren Job, lernt erfolgreich Italienisch - zum Erstaunen ihrer Kolleginnen in der Küche eines Tanzcafés. Sie flirtet harmlos mit dem Autobastler Jerzy (Rafal Guzniczak) und schaut mit großen, stillen Augen ins Leben. Während ihr beim Warten auf das Vorstellungsgespräch die Augen zufallen, erlaubt die langsam dahin treibende Handlung, dass man die Augen öffnet für die Schönheiten der zerfallenden Mietshäuser. Und entdeckt, dass sich hinter der unprätentiösen Fassade ein grandioser, wunderbarer Film versteckt.

Die Versuche den eigenen Vater mit kleinen Tricks und kleinen Wundern nach Hause zu bekommen, haben ganz viel eigenen Charme. Als wenn Jim Jarmusch ein Pole wäre und mit Kieslowski gut Wodka getrunken hätte. Das raffinierte Spiel mit dem Zufall macht mehr Spaß als all die vielen Multimillionen-Dollar-Clous Hollywoods und hat eine sehr entspannende Moral: Man kann es mit Glück versuchen, man kann es mit kleinen Tricks versuchen, das Leben für sich geradezubiegen. Letztendlich gehen alle Versuche schief und trotzdem wird alles gut.