12.7.09

Harry Potter und der Halbblutprinz


USA 2009 (Harry Potter And The Half-Blood Prince) Regie: David Yates mit Daniel Radcliffe, Emma Watson, Rupert Grint, Jim Broadbent, Tom Felton, Helena Bonham Carter 153 Min. FSK ab 12

Harry Potter und seine Freunde von der Zauberschule sind im sechsten Teil der Geschichte nun Teenager, die mit der Liebe auch die Eifersucht erstmals erleben. Ginny probiert mit dem Falschen rum, bevor sie sich zu Harry (Daniel Radcliffe) traut. Ron Weasley (Rupert Grint) lässt sich von der Falschen umschwärmen, was Hermione Granger (Emma Watson), die ihn wirklich liebt, schwer trifft. Aber sie alle leben immer noch in einem Kinderbuch ohne Aids, Drogen oder Wirtschaftskrise. Das Böse ist in der Form von Voldemort und seinen Todessern zwar vorhanden, bleibt jedoch weitestgehend märchenhaft. Auch wenn es große Teile des Films dunkel färbt, auch wenn die Bedrohung sogar in der Muggelwelt für Zerstörung sorgt. Die zentrale Geschichte vom Kampf zwischen Gut und Böse unterbrechen immer wieder Humoreinlagen, meist auf Kosten von Ron, den diesmal ein Liebestrank verwirrt. Wenn sich vorherige Potter-Teile durchaus als Spiegel der Welt außerhalb des Kinos interpretieren ließen, sieht man hier nur kurz einen Sack über den Kopf eines Gefangenen wie in Guantanamo. Ansonsten beschäftigen sich die Zauberlehrlinge eher mit hausgemachten Problemen. Die Idee von J.K. Rowling, dass die Leser und Zuschauer von „Harry Potter“ im Laufe der Romanfolge mit dem Helden mitwachsen, geht nicht ganz auf.

Nur Doping gibt es beim traditionellen Quidditch-Spiel, und Betrug bei Schulprüfungen. Wenigstens eine Ahnung vom wahren Leben und ein Morallektion, die sich als Thema durch den Film zieht. Darf ich mit einem Zaubertrank den Sieg sichern? Darf ich mit einem Spickzettel zur Prüfung? Und es wie ist, der Verführung von Macht zu verfallen, spielt der Film an drei Figuren durch: Der neue, Promi-geile Lehrer Horace Slughorn (Jim Broadbent), der desorientierte Schüler Draco Malfoy (Tom Felton) und schließlich Harry Potter selbst. Hier sind Entscheidungen zu fällen, hier zeichnet die Geschichte wenigstens im Ansatz einen spannenden inneren Konflikt. Potter durchspielt allerdings diese Verführung nur oberflächlich. Er muss schließlich reiner Held sein, denn trotz allen Erfolges bleibt „Harry Potter“ Trivialliteratur mit den dazugehörigen flachen Figuren.

Handwerklich gelang der sechste Potter-Film eindrucksvoll: Licht, Bild und Trick machen was aus den Millionen, die ihnen zur Verfügung stehen. Die große finale Actionszene begibt sich in die Abgründe des Horrorfilms, Kämpfe sind ansonsten angenehm selten. Was nicht heißt, dass nicht dauernd mit den Zauberstäbchen herumgewedelt wird - dies ist schließlich ein Potter-Film. Das wirkt für Ungläubige oft albern, die große Schlussszene hat was von einem Rockkonzert aus den Zeiten, als das Publikum noch Feuerzeuge statt Handys schwenkte.

Sehr auffällig ist die Schwächung des Films durch die Synchronisation: Alan Rickman kann im Original mit seiner Stimme ein ganzes Kino erstarren lassen. Da sein Gesicht dabei bedrohlich regungslos bleibt, fällt dieser Effekt bei der deutschen Stimme weg, so dass die durchaus wichtige Figur Professor Severus Snape nicht wirkungsvoll sein kann. Ron quiekt meist herum und selbst Draco klingt erschreckend dünn.

Selbstverständlich ist „HP6“ eine Gelddruckmaschine und ein überdimensionierter Trailer für die beiden nächsten und letzten Harry Potter-Filme in 2010 und 2011. Wenn man an die nicht enden wollenden Enden des letzten Buches denkt, wird einem etwas Bange, denn der jetzige Film-Teil dauert schon über zweieinhalb Stunden. Wenig für die Fans, die alles umgesetzt sehen wollen, aber sehr viel für einen unabhängig davon nur mäßig interessanten Film. Aber wahrscheinlich wedeln nach so einem Urteil tausende Potter-Infizierte so wild mit ihren Merchandise-Zauberstäben, dass man sich schon aus Mitleid in irgendwas verwandelt und verschwindet.