2.4.08
Untraceable
USA 2007 (Untraceable) Regie: Gregory Hoblit mit Diane Lane, Colin Hanks, Billy Burke 101 Min. FSK: ab 16
Da braucht es nicht die Abstimmung mit der Computer-Maus: „Untraceable“ ist kein guter Film. Jeder, der mitdenkt, entdeckt schnell mangelnde Intelligenz im Drehbuch. Schauspielerisch kann Diane Lane (von „Rumble Fish“ bis „Untreu“) mehr, als sie hier zeigt. Überhaupt ist die ganze Darstellerriege eher schwach. Trotzdem gehört „Untraceable“ in die Kiste mit dem Etikett „interessant“: So erschreckend wurde bislang selten eine mögliche Diktatur des kleinen Klicks geschildert!
Was ist echt im Internet? Stecken die süßen kleinen Katzen tatsächlich schrecklich deformiert in viereckigen Flaschen? Oder hat hier ein Designer zuviel Zeit mit Photoshop verbracht? Die Frage „Was ist echt?“ stellt sich auch den Ermittlern in Portland, als eine süße kleine Katze im Internet live gequält und umgebracht wird. Was soll’s, es gibt Wichtigeres für das FBI aufzuklären, meint der Chef von Jennifer Marsh (Diane Lane). Doch nicht nur die auf den Cyberspace spezialisierte Ermittlungs-Agentin starrt fasziniert auf die Monitore: Die Site "KillWithMe?" behauptet, je mehr Klicks sie erfährt, je schneller solle die Katze sterben. Nur ein paar Tage später hängt ein Mensch gefesselt vor der Kamera, während das Publikum weltweit an den Monitoren hängt. Hunderttausende Internet-Surfer sorgen für ein langsames Verbluten des Opfers.
Es kostet das Drehbuch einige heftige Verbiegungen, zu erklären, weshalb ein Verbrechen im Weltweiten Netz ausgerechnet zufällig von Jennifer Marsh vor ihrer Haustür aufgeklärt werden muss. Selbst die Auflösung macht nicht verständlich, warum der wahnsinnige Mörder die Ermittlerin des FBI ins Visier nimmt. Doch egal. Der Blick auf den Voyeurismus macht „Untraceable“ reizvoll. Die Anonymität des Internet lässt Millionen Menschen zu Zeugen einer Hinrichtung werden und ein Kommentar vermutet, dass dazu bald für viel Geld Werbung geschaltet wird. Welche - kommerzielle - Macht die Quote hat, wird in Bezug auf das Fernsehen und, in minderem Maße, auf die Printmedien hinlänglich diskutiert. Da ist „Untraceable“ so zynisch wie „Das Millionenspiel“ (und dessen Remakes) nach Wolfgang Menge schon 1970. Doch wenn Blicke tatsächlich mit Klicken töten können, erschreckt diese Umsetzung neuerlich. Nicht die grausamen, sadistischen Morde schocken. (Sie werden erträglicher als bei „Saw“ und „Hostel“ dargestellt, bleiben aber noch unappetitlich.) Es ist der Zähler am Rande des Computerschirms der rasend die wachsende Menge der Zuschauer einblendet. Die Gedanken Canettis über „Masse und Macht“ sollten um eine neue Form der anonymen Masse erweitert werden. Wobei: Hat sich so viel verändert seit den johlenden Menschenmassen bei Hinrichtungen im Mittelalter?
So gesehen sollte man es Gregory Hoblit danken, dass er es nach "Zwielicht", "Dämon" und "Das perfekte Verbrechen" nicht zu spannend macht und Zeit zum Nachdenken lässt.