2.4.08

Abgedreht


USA 2008 (Be kind rewind) Regie: Michel Gondry mit Jack Black, Mos Def, Danny Glover, Mia Farrow 101 Min. FSK o.A.

Wer tatsächlich noch Videokassetten zuhause hat, wird das Drama um diese aussterbenden Schätzchen aus vergangenen Medienzeitaltern verstehen: Die chaotische Nervensäge Jerry (Jack Black) magnetisierte sich selbst bei einem Sabotageakt gegen das Umspannwerk hinter seinem Wohnwagen. So weit so schräg, aber als Jerry gegen die Verbote des Besitzers Mr. Fletcher (Danny Glover) wieder in dessen Videoladen rumstöbert, löscht er alle Aufnahmen der Leihkassetten. Eine Katastrophe für Fletchers Vertretung Mike (Mos Def) und gerade jetzt will die alte Stammkundin Mrs. Falewicz (Mia Farrow) den Komödienhit „Ghost Busters“ ausleihen. Da kein Ersatz aufzutreiben ist - wer hat noch Videos im DVD-Zeitalter? - drehen Jerry und Mike mit sehr, sehr einfachen Mitteln den Film selber nach. Verkürzt selbstverständlich, dann wird er ja besser. Das Unglaubliche passiert nach dieser unglaublichen Aktion: Die „geschwedeten“ Filme werden ein Erfolg, lassen sich sogar teuerer vermieten. So drehen sich die beiden Notfall-Regisseure hemmungslos durch die Filmgeschichte: „Robocop“ schießt da mit dem Fön, „Driving Miss Daisy“ lässt Mia Farrow wunderbar auftreten. In dieser Reihe von schönen Scherzen für Cineasten mündet der anfangs absurde Humor, für den Jack Black meist steht. Doch die liebevolle Film- und Viertel-Geschichte bekommt noch mehr Gefühl, als alle zusammen eine Dokumentation über die vergessene Jazz-Legende Fats Waller drehen...

Der Originaltitel des Film, „Be kind rewind“, ist einerseits die Bitte, das Video vor Rückgabe zurückzuspulen. Aber auch programmatisches Konzept, die Zeit zurückzuspulen. Zum Früher, als es besser war. „Abgedreht“ war schon immer eine gute Bezeichnung für die Filme, an denen Michel Gondry beteiligt war: Geboren in Versailles besucht er eine Kunstschule, hatte eine kurze Karriere beim Pop und wurde schließlich von Björk als Regisseur der sensationellen Videoclips zu „Human Behaviour“ und fünf anderen Songs entdeckt. Danach drehte er für Massive Attack, bevor er 2001 mit „Human Nature“ in Cannes einschlug. Auch der folgende „Vergiß mein nicht“ (Eternal Sunshine of the Spotless Mind) war als digitales Drama einer verwehenden Liebeserinnerung Kino, wie man es noch nie gesehen hatte. Mit „Science of Sleep“ kehrte Gondry von den großen Tricks zu der sehr sympathischen Kleinkunst des ausgeschnittenen Kartons zurück. Die Liebesgeschichte zwischen Stephane und Stephanie (Gael García Bernal und Charlotte Gainsbourg) in Paris gewann mit dem Charme des Handgemachten, der nun auch in „Abgedreht“ das Publikum der nachgedrehten Blockbuster-Filme überzeugt. Ein Märchen vom Film, der unabhängig von den Konzernen gemacht und geliebt wird, dem handgedrehten, der Menschen aus der Nachbarschaft noch etwas erzählt, der von ihren Geschichten handelt.