18.9.07

Disturbia


USA 2007 (Disturbia) Regie: D.J. Caruso mit Shia LaBeouf, Sara Roemer, Carrie-Anne Moss 104 Min. FSK: ab 16
 
"Fenster zum Hof" für Teenager von heute - das ist eindeutig ein zu weit hergeholter Vergleich. Doch in diesem liegt tatsächlich mehr Reiz als im eigentlichen Teenie-Spaß-Thriller "Disturbia".
 
Unser Held ist an seine Wohnung gefesselt und beobachtet mit dem Fernglas einen verdächtigen Nachbarn. Allerdings glaubt keiner dem Voyeur, dass drüben ein Frauenmörder heimtückisch haust. 1954 war es Jimmy Stuart in Hitchcocks "Fenster zum Hof", der den Zwang zum Beobachten mit viel Spannung durchspielte. Seine Figur hatte ein gebrochenes Bein. Heute verhindert eine elektronische Fußfessel, dass der Jugendliche Kale (Shia LaBeouf) sein Grundstück verlässt. Der Innenhof öffnete sich zur Vorstadtsiedlung und die Spannung zerfiel zu Schreckmomenten.
 
Man merkt direkt, dies ist ein Film des frischen 21.Jahrhunderts: Der Unfall am Anfang knallt so richtig laut und unvermittelt rein. Der Tod des Vaters wird in Folge immer wieder als Grund für auffällige Verhaltensweisen des 17-jährigen Kale angeführt, doch erst als dem verwöhnten, faulen Jungen das Kabelfernsehen gekappt wird, kommt Trauer auf. Weil er einen Lehrer niederschlug, gibt es polizeilich kontrollierten Hausarrest mit elektronischer Fußfessel. Dann ist Kales X-Box nicht mehr online, die genervte Mutter (Carrie-Anne Moss) sperrt auch den iTunes-Account. Eine existenzielle Katastrophe für einen amerikanischen Jugendlichen, der noch Jahrhunderte vom Erwachsensein entfernt ist. In der Not entdeckt Kale die Welt vor seinem Fenster: Reality ohne TV! Nicht nur Blicke auf Ahsley (Sara Roemer), die reizende Tochter der neuen Nachbarn, sind spannend für den Spanner, auch der geheimnisvolle Mr. Turner (David Morse) fesselt. Mit Vorliebe Frauen, wie sich herausstellt. Auch einige andere Details passen zum gesuchten Serienmörder. Zusammen mit Ahsley und seinem ulkigen Freund Ronnie (Aaron Yoo) will Kale den Verbrecher enttarnen.
 
Eine glatte, unauffällige Inszenierung könnte man "Disturbia" bescheinigen, um es neutral bis positiv zu beschreiben. Der Wechsel von Teenie-Sozialdrama zu Komödie und Romanze bis zum an Horror grenzenden Finale verläuft holperig, aber das wird wohl niemanden stören. Die Hauptfigur sollte wegen permanenter Unreife Hausverbot statt Hausarrest erhalten, aber solche Klischees lassen sich wohl einfacher ins Drehbuch schreiben als komplette Menschen. Unter diesen Voraussetzungen funktioniert "Disturbia" als anspruchslose Unterhaltung ganz gut, die Nebenrollen sind mit guten Gesichtern besetzt, der Jugend-Star Shia LaBeouf wird nicht überfordert. Doch was wirklich beunruhigt bei diesem simplen Film über einen Spanner, der Recht behält, ist dass nicht der kleinste Gedanke über die explodierende Beobachtungs-Sucht unserer Gesellschaften anklingt. Wer Kamerahandy als modern ansieht, sollte mal ins Bild zoomen und schauen, ob da nicht noch eine "öffentliche" Kamera an der Wand hängt. Oder nach oben zum Satelliten von Google-Earth winken...