22.1.07

Paris, je t'aime


Frankreich 2006 (Paris, je t’aime) Regie: Joel & Ethan Coen, Nobuhiro Suwa, Olivier Assayas, Gus Van Sant, Gérard Depardieu mit Emilie Ohana, Julie Bataille, Steve Buscemi, Axel Kiener, Juliette Binoche, Willem Dafoe, Orlando Bloom 120 Min. FSK: ab 6

Paris ist schönes Kino - das weiß man nicht erst seit "Amelie". 18 Facetten der "Stadt der Liebe", benannte nach Vierteln der Seine-Metropole, inszeniert von 21 Meisterregisseuren, Cannes-Sieger wie Gus van Sant oder Walter Salles, gespielt von Schauspielstars wie Juliette Binoche, William Dafoe, Elijah Wood oder Nick Nolte. Und dann gibt es auch die ganze Palette des Kinos: Drama, Abschiede, Horror und Liebe, vor allem Liebe. Was will man mehr: "Paris, je t’aime". Ein Film zum Verlieben.

Wir sind in Paris - auch wenn hier nicht alles wie im Reiseführer ist, was Steve Buscemi in der Coen-Episode "Tuileries" erleben muss. Er wird von einem eifersüchtigen Franzosen in der U-Bahn zusammengeschlagen und mit seinen Paris-Andenken überschüttet.

Aber vielleicht stimmen die Postkarten noch im "Quartier Latin", der Episode von Frédéric Auburtin und Gérard Depardieu. Gena Rowlands schrieb die Geschichte und trifft sich als Hauptdarstellerin mit ihrem Nochh-Mann (Ben Gazzara). Der will die offizielle Scheidung. Denn seine neue, junge Freundin erwartet ein Kind. Ein langer, sarkastischer Dialog voller Gefühl, begleitet von Depardieu als Restaurantchef.

Der schnellste Liebesgeschichten-Erzähler von "Paris, je t’aime" ist übrigens Tom Tykwer in "Faubourg St. Denis". Natalie Portman erlebt im genialen Zeitraffer die Jahreszeiten einer Liebe mit dem blinden Thomas. Und das Publikum eine schöne Überraschung. Bibelfeste ahnen, dass es ein Thomas immer etwas schwerem mit dem Glauben hat. Das ist "Lola rennt" kurz und auf Musik geschnitten - genial!

"Hobbit" Elijah Wood erfährt im "Quartier de la Madeleine", dass es neben dem French Kiss (Zungenkuss auf Englisch) auch einen "Vampires Kiss" (Regie und Drehbuch: Vincenzo Natali) in den Straßen von Paris gibt. Er verfällt dem Reiz eines weiblichen Vampirs, spendet sogar Blut, um selbst in den Biss-Genuss zu kommen. Diese innige Vereinigung bekam sogar Szenenapplaus in Cannes, wo der Film eine Nebensektion eröffnete.

Walter Salles und Daniela Thomas ("Die Reise des jungen Che") zeigen "Loin du 16ème" ein ergreifendes Sozialdrama: Eine junge Frau steht früh morgens in einer der tristen Vorstädte auf. Sie singt ihrem Baby ein Lied vor und gibt es dann in die Krippe. Nach einer langen, anstrengenden Fahrt mit Bahn und Bussen kommt die junge Frau bei ihrer Arbeitsstelle an: Sie kümmert sich als Kindermädchen um das Baby einer anderen Frau.

Bob Hoskins und Fanny Ardant leiden in "Pigalle" (Regie und Drehbuch: Richard LaGravenese) als altes Paar an der Liebe, die nicht mehr ist und spielen sich selbst trickreich ins Gefühl zurück. Alexander Payne ("About Schmidt") schickt eine amerikanische Postbotin mit furchtbarem Französisch auf die Reise.

Insgesamt ein wunderbares Füllhorn an Geschichten, Momenten und Erlebnissen. Und dabei ist das Kinoticket nach Paris sogar noch billiger als der Billig-Flieger.