11.4.06
Reine Formsache
BRD 2006 (Reine Formsache) Regie: Ralf Huettner mit Marc Hosemann, Christiane Paul, Bastian Pastewka, Floriane Daniel, Oliver Korittke 96 Min. FSK: ab 6
Weshalb ist eine Hochzeit für die zwei besonders Beteiligten "der schönste Tag im Leben"? Wissen alle, dass es von nun ab bergab geht mit den schönen Tagen? Ein ebenso sinniger wie gemeiner Gedanke. In diesem Sinne sollte man all denen, die ihre Hochzeit hupend in der Innenstadt verkünden, auch zur Scheidung einen lautstark störenden Besuch abstatten. Felix und Pola begehen diesen besonderen Tag jedoch in aller Stille, was auch daran liegt, dass Felix die Scheidung nicht will.
Felix (niedlich: Marc Hosemann) ist ein so lockerer, unkonventioneller Typ, dass er trotzdem fast froh zur amtlichen Trennung nach Berlin eingeflogen kommt. Ein großer, naiver Junge, ein Charmeur, dem haufenweis Frauen zufliegen. Pola (Christiane Paul) hingegen ist von ihm genervt, bitter und humorlos. Aber das Schicksal streckt - gar nicht zimperlich - den Scheidung-Beamten mit einer Herzgeschichte nieder. Die Formsache ist erst einmal verschoben und Felix nutzt die Zeit, um als Kellner und Kollege Pola zu beweisen, dass auch er "richtig arbeiten" kann. Denn bislang lebte der Spieler von seinem unglaublichen Glück, setzte nur einmal im Monat 5000 auf Rot - am Neunten, dem Tag ihrer ersten Begegnung!
Zum Glück hat der Sunny-Boy auch tragische Qualitäten, so verklemmt und bricht er seinen Finger ausgerechnet im Kondomautomaten. Dass dieser dabei von der Wand gerissene Familien-Vorrat auf dem Rücksitz seines Sportwagens rumliegt, beruhigt Pola nicht gerade, die ihm einen Seitensprung nicht verzeihen kann. Während rundherum die befreundeten Paare alle fürchterlich chaotisch leiden, kämpft Felix um seine eigene Frau ...
Dass er dabei reichlich tollpatschig zu Werke geht, stört die paar romantischen und die noch selteneren poetischen Moment dieser "Formsache" nicht. Aber es verstärkt den Eindruck des Unausgewogenen. Die Dialoge landen häufig einen Treffer, werden aber oft zu hölzern gebracht und schwach inszeniert. Das Bild bleibt gelackt ohne Witz, melancholische Melodien tragen zu dick auf, aber passende Songs helfen dem Gefühl kräftig nach. Bastian Pastewka kann als befreundeter Familienvater nicht richtig frustriert kucken. Selbst die verehrte Christian Paul macht hier kaum Eindruck. Was Schauspielen wirklich bedeutet, zeigt Michael Gwisdek als Felix' dementer Vater in ein paar kurzen, unglaublich eindringlichen Momenten.
Doch gerade dieses Genre der Romantischen Komödie hängt ganz vom individuellen Grad des romantischen Pegels ab. Die gefühlte Qualität des Films kann sich bei entsprechender Seelenverfassung enorm erhöhen, auch wenn die "Formsache" ein Kandidat für das große TV-Gefühl mit Schokolade, Chips oder Eis bleibt.