17.5.22
Sechs Tage unter Strom - Unterwegs in Barcelona
Spanien 2021 (Sis Dies Corrents) Regie: Neus Ballús, mit Mohamed Mellali (Moha) · Valero Escolar (Valero) · Pep Sarrà, 85 Min., FSK: o.A.
Die Probewoche von Moha (Mohamed Mellali) bei einem Installationsbetrieb in Barcelona beginnt schon schwierig: Der dicke Geselle Valero (Valero Escolar) meint schroff, Moha sei nicht an der richtigen Adresse. Die Schikane wird weitergehen bis zu fremdenfeindlichen Bemerkungen über den „nicht Spanisch Sprechenden". Dabei glaubt der nicht besonders helle Valero clever zu sein, wenn er seinen Rassismus bei den anderen Katalanen unterschiebt. Während sich ein alter Kunde sehr nett mit dem Marokkaner unterhält und seine Rezepte für ein langes Leben weitergibt. In den folgenden Tagen bildet die Kundschaft ein Panoptikum der katalanischen Gesellschaft. Ein Fotostudio mit Bodybuilder und Tattoo-Frau, bei der Moha zum Fotomodel wird. Eine Familie, bei der die Zwillings-Mädchen Valero erst fast einen Schlag versetzen und dann auf dem Balkon aussperren. Maho, dessen Außenseiter-Perspektive wir oft hören, beobachtet immer wieder Menschen verschiedener sozialer Schichten auf den Balkonen. Und dann der Freitag beim Psychiater, dessen Hauselektronik bald wie bei Jacques Tati verrückt spielt, während er die Paarbeziehung von Moha und Valero analysiert.
Neben den netten kleinen Porträts der Kundschaft lernen wir auch Maho und selbst Valero ohne Vorverurteilung kennen. Der Marokkaner besucht abends noch Sprachkurse, danach lernt er alleine im Zimmer und sitzt nicht mit den spottenden Landsleuten seiner Wohngemeinschaft zusammen. Dass Valero auch wegen einer Diät mies gelaunt ist, erfahren wir erst spät. Doch von Anfang an spielte er nur herum, während Senior Pep (Pep Sarrà) sich um die dreckige Arbeit kümmerte.
Regisseurin Neus Ballús – deren Vater selbst Installateur ist – erzählt ihre Geschichte mit leisem, hintergründigem Humor. „Sechs Tage unter Strom - Unterwegs in Barcelona" ist keine Komödie in üblichem Sinne. Eher der trockene Humor von Tati oder Aki Kaurismäki in einem ruhigen Lied mit sechs Strophen und Alltags-Porträts.