Deutschland 2022, Regie: Lutz Pehnert, 107 Min., FSK: ab 0
„Ich singe immer lauter als ich spreche." Fast entschuldigend spricht die Liedermacherin Bettina Wegner bei einem Konzert. Dabei sollte jedes Wort der erstaunlichen Künstlerin und Person der Zeitgeschichte geschätzt werden. Geboren 1947 in Westberlin, mussten die kommunistischen Eltern umziehen, weil sie die Miete nicht mit Ostmark zahlen konnten. Als Kind hatte Bettina Stalin glühend verehrt. Später steht sie vor Gericht, weil sie gegen den Einmarsch der Warschauer-Pakt-Staaten 1968 in die Tschechoslowakei protestierte. Das Tonprotokoll mit den überaus intelligenten Antworten der Angeklagten ist Teil des packenden Films. Mit 36 Jahren wurde sie aus der DDR ausgebürgert, seither fühlt sie sich „entwurzelt". Diese aktiv erlebte Zeitgeschichte ist derart faszinierend, dass die berührende und aufrührende Musik aus der Tradition des Folk fast zu kurz kommt. Die wenigen Zeilen von „Kinder (Sind so kleine Hände)" haben nach Jahrzehnten noch das Zeug, Leben auf den Kopf zu stellen. Beziehungen zu dem sehr jungen Thomas Brasch oder eine Affäre mit Oskar Lafontaine, weil der in Georgisch singen konnte, sind Randnotizen in der anhaltenden Suche nach Aufrichtigkeit in ihren Liedern.