USA 2022, Regie: Reid Carolin, Channing Tatum, mit Channing Tatum, Jane Adams, Kevin Nash, 102 Min., FSK: ab 12
Hund und sexy Mann - das müsste doch auch für die Kinokasse eine unschlagbare Paarung sein. Dachten sich jedenfalls Channing Tatum und sein langjähriger Freund und Produktionspartner Reid Carolin (Drehbuchautor und Produzent von „Magic Mike" und „Magic Mike XXL"), beide Hunde-Daddys. So schickten sie Tatum und seinen Filmhund als kriegsgeschädigte Psychopathen auf Roadtrip. Was sich jetzt nicht mehr so attraktiv anhört. Raus kam mit „Dog" eine ziemlich wilde Promenadenmischung von Film, die sich nur schwer kategorisieren oder wertschätzen lässt.
US-Army Ranger Jackson Briggs (Channing Tatum) kann es nicht erwarten, wieder in den Krieg nach Afghanistan geflogen zu werden. Vom letzten seiner vielen Einsätze hat er zwar einen Hirnschaden, „aber haben wir nicht alle Hirnschäden" meint er zu seinem Offizier, der ihn nicht einsetzen will. Als sich dann der nächste der Veteranen umbringt, bekommt Briggs seine Chance: Der verzweifelte Selbstmörder war Hundeführer und sein Armee-Schäferhund Lulu soll nach Arizona gefahren werden. Das Tier ist wie viele Ehemalige so traumatisiert, dass es nicht fliegen darf. Wenn Briggs diesen Job erledigt, kann er wieder in fremde Länder und auf unbekannte Menschen schießen.
Eigentlich ist klar, dass sich in dieser doppelten Veteranen-Geschichte Soldat und Hund gegenseitig heilen werden. Denn beide haben schwere Sachen mitgemacht. Dafür muss Briggs erstmal das Vertrauen der bissigen Bestie gewinnen, die nur mit Beruhigungsmitteln erträglich ist. Sein Vorhaben ist ein nettes, denn Lulu soll nach der Beerdigung eingeschläfert werden und vorher noch eine schöne Reise haben. Was autobiografischen Ursprungs sei, wie Tatum erzählt. Als seine Hündin namens Lulu an Krebs erkrankte, brach er auch mit ihr zu einem Roadtrip auf. Wobei sich die Frage stellt, ob (kranke) Hunde die Leidenschaft der US-Amerikaner für extrem lange Reisen in Autos teilen.
Der in seiner Stimmung sehr wechselhafte Weg von „Dog" bringt dem Kino ein wenig Action, krampfhaften Humor, das wachsende Verantwortungsgefühl des Soldaten für Hund und eigentlich vergessenes Kind. Dabei braucht es tatsächlich den vollen Charme des Channing Tatum, um diesen Primitivling Briggs Sympathie gegenüber aufzubringen. Denn der will anfangs nur Krieg spielen und zwischendurch Saufen oder Frauen abschleppen. Doch auch diesmal erweist sich Lassie wieder als der bessere Mensch. Oder zumindest als Spiegelbild dafür, wie kaputt Mensch und Tier vom „Einsatz" aus Afghanistan zurückkommen.
Interessanter als Channing Tatums Ko-Regie und die Frage, wer von den beiden Regisseuren, Autoren und Produzenten welche Teile zu verantworten hat, sind die Nuancen von Tatums Schauspiel: Selbstironie rettete ihn bei den peinlichsten Besetzungen, nur manchmal wie bei „The Lost City" an der Seite von Sandra Bullock war es trotzdem zum Weglaufen. Feines Spiel um sensibles Innenleben durfte er bei „Magic Mike" von Steven Soderbergh als Striptänzer zeigen. Das ist hier bei einem flachen Charakter nicht nötig. Unangenehmer fällt allerdings der uneinheitliche Mischmasch zwischen Armee-Kritik, Anbiederei mit Hunde-Schwärmerei, billigen Scherzen und teurer Ästhetik auf.