15.6.21
Katla / Netflix
Der grandiose Regisseur Baltasar Kormákur bewegt sich gekonnt zwischen seiner isländischen Heimat und Hollywood. Mit Keira Knightley, Emily Watson und Jake Gyllenhaal drehte er „Everest" (2015), „2 Guns" (2013) mit Denzel Washington und „Contraband" (2011) mit Mark Wahlberg. Dann faszinierendes Arthouse mit schrägen Beziehungsgeschichten wie „101 Reykjavik" (2000) oder das fast mythologischen Drama eines tiefgekühlten Fischers in „The Deep" (2012). Nun lässt er - wieder in Island - ein Jahr nach dem Ausbruch des vom Gletscher bedeckten Vulkans Katla aus Ascheregen eine Frau auftauchen. Als die Krusten von nackter Haut gewaschen sind, erzählt die angebliche Schwedin, sie arbeite im einzigen Hotel des Ortes und hätte ein Verhältnis mit dem Einheimischen Thor. Der erinnert sich an eine Affäre – vor 20 Jahren. Mitten in der großen Verwirrung tauchen weitere „Wechselbälger" auf, wie der Mythos sie nennt. Zuerst Thors Tochter Asa, seit dem Ausbruch verschollen. Aber auch ein Junge, der eindeutig gestorben war. Mit immer neuen Duplikaten wird „Katla" in zunehmendem Maße verstörender. Bei eindrucksvollen Aufnahmen, immer wieder auch aus der Luft von hellen Autos vor schwarzer Asche, erzeugt die Reihe unerklärlicher Erscheinungen nicht üblichen Horror, sondern spannendes Rätseln rund um ein Naturphänomen, ähnlich wie in der französischen Arte-Serie „The last Wave". Während Asas Schwester Grima den Sinn der Doppelgänger ergründen will, findet sich Thor mit der Gleichzeitigkeit vin junger und älterer Geliebter ab: „Wer bin ich, die Natur der Dinge infrage zu stellen?" In diesem erneut sehr außergewöhnlichen Werk setzt Kormákur menschliche Beziehungen einer extremen Situation aus.
„Katla" (Island 2021), Regie: Baltasar Kormákur, mit Gudrun Ýr Eyfjörd, Íris Tanja Flygenring, Ingvar Sigurdsson, 8 Folgen à 40 Min. Nicht für Kinder unter 14 Jahren geeignet