1.6.21
Drei Filme von Abbas Kiarostami / MUBI
Der weltberühmte iranische Regisseur Abbas Kiarostami machte quasi Anti-Netflix: Seine vielen Meisterwerke brauchten Ruhe und Zeit, sich zu entwickeln. In „Wo ist das Haus meines Freundes?", dem Film, der ihn 1988 von Locarno aus bekannt machte (Bronzener Leopard, FIPRESCI-Preis, Preis der Ökumenischen Jury) muss der 8-jährige Ahmed unbedingt immer wieder den staubigen Hügel zum nächsten Dorf hinauflaufen, um seinen Schulnachbarn zu finden. Ahmed hat aus Versehen das Heft seines Freundes Mohamed einsteckt, dem dadurch ein Schulausschluss droht. Die kleine Odyssee wird großes Kino. (ab 4.6.) So viel Zeit für eine so kleine Geschichte würde Netflix heute keinem Film geben.
Bei „Quer durch den Olivenhain" (eigentlich Teil einer anderen, der „Erdbeben"-Trilogie) wird Geduld erst in der letzten Szene im Olivenhain belohnt. Die Film-im-Film-Geschichte ist das Liebesdramas des Maurers Hossein, der beim Dreh im erdbebenzerstörten Norden Irans eine kleine Rolle bekommt und sich in seine Filmehefrau verliebt. Ein bei scheinbarer Einfachheit berührend raffiniertes Spiel mit Form und Gefühl, das 1994 auf den Festivals von Cannes, Toronto und Locarno lief. (ab 12.6.)
1997 gewann dann „Der Geschmack der Kirsche" die Goldene Palme in Cannes. Das Spiel der Filme mündet im bitteren Ernst: Herr Badii ist auf der Suche nach einem Helfer, der ihm nach dem selbstgewählten Tod das Grab mit Erde zudecken soll. Oder, falls Badii es sich anders überlegt, ihn aus dem Grab herausholen. Auch hier sind die schon damals überdurchschnittlich langen Einstellungen in der kargen Landschaft Irans Labsal für von schnellen Schnitten geschundene Seelen.
„Drei Filme von Abbas Kiarostami" (Iran 1989, 1994, 1997), 83 /103 / 99 Min. Regie: Abbas Kiarostami, FSK: ab 0/6/6
MUBI ab 4., 12. und 19. Juni