Regie: James Gray, mit Brad Pitt, Tommy Lee Jones, Ruth Negga, Liv Tyler, Donald Sutherland 116 Min.
James Gray, ehemaliger Familien- und Gangster-Regisseur („The Yards", „Little Odessa"), schickt Brad Pitt in „Ad Astra" zu den Sternen, an die Grenzen des Sonnensystems und menschlicher Vereinsamung. Der nicht bis zum Ende faszinierende Science Fiction bewegt sich in einem deutlichen Bezugsrahmen aus „Solaris", „2001" und „Apocalypse Now".
Auch wenn es zum Auftakt einen extrem dramatischen Absturz aus einer erdnahen Raumstation gibt, fasziniert „Ad Astra" durch eine erstaunliche Ruhe. Passend zum Astronauten Roy McBride (Brad Pitt): Auch wenn alles um ihn zusammenbricht, bleibt er ruhig. Und tatsächlich befindet sich die Menschheit in Endzeitstimmung.
Elektromagnetische Stürme fordern zehntausende Opfer auf der Erde und den kolonialisierten Planeten. Sie kommen vom Neptun, deshalb schickt das Militär ihren besten Mann Roy McBride dorthin. Hier wird auch sein Vater Clifford McBride (Tommy Lee Jones) vermisst, der vor vielen Jahren zu den Grenzen des Sonnensystems aufbrach und dafür Frau und Kind zurückließ. Nun ist er Legende unter den Raumfahrern. Sein Lima-Projekt zur Suche nach außerirdischem Leben gilt allerdings als gescheitert.
Mit leiser Ironie ist die Reise zum Neptun geschildert: Zum Mond geht es inkognito mit einem Billigflieger von Virgin Atlantic. Kissen und Decke kosten 125 Dollar extra, der Flughafen ist ein einziger Verkaufsstand. Schon der Erdtrabant verkam zur Kriegszone, zwischen Bergbau-Gebieten kommt es zu Überfällen auf die Reisenden wie im Western. Auch der Mars ist in Wirtschafts-Zonen aufgeteilt. Die Raumfahrt-Agentur heißt dementsprechend auch Spacecom, „Com" wie kommerziell. Der wie immer grüblerische Kommentar von Roy McBride lautet: We are World Eaters, wir essen Welten auf.
Die Unendlichkeit, unbekannte Planeten und eine unvorstellbare Weite spiegeln eigentlich nur das Innenleben des Protagonisten, wiedergegeben durch seine Gedanken auf der Tonspur und die immer wiederkehrenden psychologischen Tests in Tagebuchform. Dramaturgisch bedient sich der lange Zeit packende Handlungsverlauf erstaunlich einfach bei klassischen Vorbildern: Wie in „Apocalypse Now" wird ein abtrünniger Held gesucht und soll eliminiert werden. Auf den Stationen zum Rande der Zivilisation sorgen Drogen und Wahnsinn für Verluste. Die blutrünstigen Menschenaffen, die eine komplette Forschungsschiff-Besatzung verspeist haben, sind Nachfahren der aggressiven Affen aus „2001 - Odyssey im Weltall".
Brad Pitt verkörpert diese Figur wieder einmal sehr eindrucksvoll. Sie ist eine freie Fortsetzung seines Charakters in Terrence Malicks „The Tree of Life". Die Ästhetik gelang dabei durchgehend reizvoll, wie zum Beispiel mit den reflektierenden Gold-Visieren, die manchmal schwarze Löcher und manchmal spannende Szenerien reflektieren. Der Familien- und Gangster-Regisseur James Gray („The Immigrant" 2013, „Two Lovers" 2008, „We Own the Night" 2007, „The Yards" 2000, „Little Odessa" 1994) verbraucht allerdings Millionen von Flug-Meilen und fast zwei Stunden Film, um herauszufinden, dass die ganze Raumfliegerei eigentlich nur Flucht ist, der Mensch ein soziales Wesen und es zu Hause am schönsten ist. Trotzdem könnte man wegen „Ad Astra" mal raus ins Kino gehen.