20.8.19

I am Mother

Australien 2019 Regie: Grant Sputore, mit Hilary Swank, Rose Byrne, Clara Rugaard 114 Min. FSK ab 12

Das „Was wäre wenn" des Science Fiction gelingt selten so packend und intensiv wie in dem Gedankenspiel-Film „I am Mother". Im modernen Duell zwischen Künstlicher Intelligenz und menschlichem Wesen erzählt dieser kammerspiel-artige Zukunfts-Thriller eine raffiniert neue Variante. Obwohl die Parameter eher gegensätzlich gesetzt sind, ist „I am Mother" im Stil dem ebenfalls außergewöhnlichen „Ex Machina" (2015) von Alex Garland und mit Alicia Vikander sehr ähnlich.

Die Geburt eines Kindes ist etwas Besonderes - hier allerdings als Hightech-Vorgang vom in Massen gelagerten Embryos bis zur gläsernen Gebärmutter in Form einer Glaskugel. Alles kontrolliert von „Mother", also Mutter. Einem Roboter mit einem Auge wie ein alter iPod-Knopf, der sich für die menschliche Wärme bei der Aufzucht des Babys Wärmematten umschnallt.

So wächst „Tochter" (Clara Rugaard) bis ins Teenager-Alter auf. Es gibt strenge Schulzeiten und -Prüfungen. Als Geburtstags-Geschenke neue Lieblings-Pyjamas und immer die Drohung vor einer völlig verseuchten Außenwelt. Denn „I am Mother" spielt größtenteils in einem riesigen, abgekapselten Hochsicherheitsbunker. Hier ist alles auf die Entwicklung vieler Menschen durch viele Roboter angelegt. Doch seltsamerweise gibt es nur eine „Mutter" und eine „Tochter". Was diese als Teenager mit natürlicher Abkapselungs-Tendenz auch seltsam findet. Die Zweifel an der Allmacht und der Allwissendheit von „Mutter" wachsen, als an der Schleuse zur angeblich unbelebten Außenwelt eine schwerverletzte Frau (Hilary Swank) auftaucht. Sie hat panische Angst vor Robotern und berichtet von einem verzweifelten Kampf der Menschen gegen die Maschinen.

Wie in den besten Science Fiction fasziniert schon das Produktions-Design von „I am Mother": Eine kühle, sterile Atmosphäre umgibt das ansonsten so vertraute Aufwachsen eines Kindes. Die Feinheit dieses Films besteht darin, dass der Roboter nicht nur mit Computerhilfe entstand. Die Spezialeffekts-Firma WETA Workshop („Avatar", „I, Robot", „Der Herr der Ringe") stellte einen speziellen Anzug her, der im Film von Luke Hawker getragen wurde. Die Stimme verlieh ihr im Original die Schauspielerin Rose Byrne („Peter Hase", „Juliet, Naked", „Plötzlich Familie").

Die immer spannender werdende Geschichte auf die Emanzipation eines Teenagers zu reduzieren, wäre viel zu kurz gegriffen. Vor allem in Hinsicht auf die äußerst raffinierten Wendungen im Finale. Man nähert sich vor dem Szenarium einer katastrophalen Entwicklung der Spezies Mensch der Entwicklung eines menschlichen Individuums von der nüchtern analysierenden Distanz einer Maschine her. Und diesmal kommt die Künstliche Intelligenz tatsächlich über das Klischee hinaus, wir Menschen seien ja so toll und erhaltenswert, weil wir so unperfekt sind.

Erstaunlich ist die Intensität, die der Film aus Schauspiel und Psychologie gewinnt. Hilary Swank („Million Dollar Baby", „Das Glück an meiner Seite", „Logan Lucky") ist gut wie immer. Die noch unbekannte Clara Rugaard („Good Favour", „Still Star Crossed") macht ihren Charakter glaubhaft, gerade weil sie anfangs so unscheinbar wirkt. Und „Mother" - tatsächlich ist diese Kreation mal wieder eine der reizvolleren im Universum der künstlichen Maschinen. Wie der ganze Film zusammen mit Klassikern wie „Blade Runner" und Neustartern wie „Ex Machina" im Genre unbedingt Beachtung verdient.