28.8.19

Frau Stern

BRD 2018 Regie: Anatol Schuster, mit Ahuva Sommerfeld, Kara Schröder, Nirit Sommerfeld 82 Min. FSK ab 12

Der mit Abstand sympathischste Film dieser Kinowoche kommt ganz ohne Pathos und Tamtam aus. Ja, geradezu explizit verweigert sich die 90-jährige Jüdin Frau Stern dem Pathos als sie ein TV-Talker auf den Holocaust reduzieren will. „Frau Stern" ist ein wunderbares Porträt mit dokumentarischen Einsprengseln der nach den Dreharbeiten verstorbenen Protagonistin Ahuva Sommerfeld.

Die Antwort kommt trocken und cool: Wenn ihr der Arzt nicht helfen kann, sich umzubringen, dann hilft sie sich selbst. Und zündet sich erst mal wieder eine Zigarette an. Frau Stern ist 90, eine zierliche, leicht gebeugte Gestalt bei bester Gesundheit und klarstem Verstand unter dem schlohweißen Haar. Und wünscht sich einen „schnellen Abgang". Sie steht mitten im Leben, sucht sie in ihrer Stammkneipe sie Rat und in ihrem Berliner Viertel eine Waffe. Die Idee, erst mal einen Schießkurs zu machen, um sich dann mit einer Knarre umzubringen, findet sie absurd. Aber weder die sehr lebenslustige Enkelin, noch der schöne, junge Friseur, der auch ihr Dealer ist, können mit einer Waffe aushelfen. Schließlich nimmt Frau Stern irgendwelchen albernen Hipster-Einbrechern deren Pistole ab.

Aus ungewöhnlicher Perspektive zeigt „Frau Stern" ein wunderschönes Porträt dieser „verrückten Bande", mit der sich die ruppige Seniorin umgibt. Dazu gibt es die jüdische Familie in Berlin mit erweitertem Bekanntenkreis, zu dem auch der jüdische Dealer gehört. Spielerisch und sehr nett sind die Konzerte von Tochter und Enkelin mit ganz unterschiedlicher Musik eingeflochten.

Die echte und Film-Tochter, die Klezmer-Sängerin und Aktivistin Nirit Sommerfeld, war Ausgangspunkt dieses beglückenden Films. Über ihre Bekanntschaft zu Regisseur Anatol Schuster und Kameramann Adrian Campean wurde um Ahuva Sommerfeld ihre teilweise fiktive Geschichte entwickelt. Es wurde ein wunderbares Porträt von Lebensfreude, Eigensinnigkeit und Frauen-Power.