3.8.14

Gott verhüte!

Kroatien, Serbien 2013 (Svecenikova djeca) Regie: Vinko Bresan mit Kresimir Mikic, Drazen Kühn, Marija Skaricic, Niksa Butijer 97 Min. FSK: ab 12

Wie witzig: Da setzt sich ein Priesterlein auf einer kroatischen Insel in den naiven Kopf, den Bevölkerungsrückgang zu stoppen, indem er systematisch und fast-industriell Kondome noch in der Verpackung durchlöchert. Pater Fabian (Kresimir Mikic), durch die Beliebtheit seines immer noch aktiven Vorgängers unter Druck, nutzt die Beichte des Buden-Besitzers Petar (Niksa Butijer), um mit diesem gegen die sündige Verhütung vorzugehen. Anfangs scheint alles spaßig zu klappen. Wenn auch eine Schwangere unter Vortäuschung falscher Tatsachen mit einem der sexuell sehr aktiven Junggesellen zwangsverheiratet wird. Und auch wenn das Lachen über den mitverschworenen Apotheker Marin (Drazen Kühn), der die Antibaby-Pillen austauscht, schon den Klang wie bei Hitler-Witzen bekommt. Marins Rassismus ist nämlich nicht mehr nur skurril. Der Kriegsveteran will ganz im Geiste der Jugoslawien-Konflikte nur die Kroaten-Vermehrung. Serben und Bosnier bekommen keine präparierten Kondome!

Doch halt. Ist es wirklich lustig, dass Kirchenvertreter massiv ins Liebes-Leben der Menschen eingreifen. Dass sie bestimmen, ob man Kinder bekommt oder nicht? Nein! Und deshalb ist „Gott verhüte!" mit seinen kantigen und schrulligen Figuren „irgendwo aus dem Osten" nur in der ersten Hälfte sehr, sehr komisch und danach keineswegs eine glatte, leicht eingängige Komödie. Sondern eine mit Noppen, Ecken, Kanten und sogar Widerhaken. Denn irgendwann gibt es Tote - nicht nur den deutschen Touristen, der beim Baden auf der bald berühmten „Fruchtbarkeitsinsel" im zu kalten Wasser einen Herzschlag bekam.

Anfangs ist es höchst amüsant (inszeniert), wer in dem kleinen Hafenort alles mit wem etwas anfängt, wer es überraschend und sogar partei-übergreifend mit wem treibt. Doch als der Bischof mit seiner Luxus-Jacht nach einer anonymen Kondom-Einsendung angerauscht kommt, wird schnell klar, dass auch Kirchenvertreter zu den Kunden von Billy Boy & Co. gehören. Denn sie haben Verantwortung: Wenn man schon kleine Jungs und Mädels vergewaltigt, dann bitte auch mit Kondom. Und vor allem auch so, dass alles unter dem Deckmantel der Verschwiegenheit bleibt - „Gott verhüte!"

So bedeutet der Originaltitel „Svecenikova Djeca" auch deutlicher: „Die Kinder des Priesters". Mit später ganz bösem Humor und einer erschreckenden Klarheit werden nicht nur platt Scheinheiligkeit und Sexualverbrechen der Kirche vorgeführt. Vor allem das System des Verschweigens, dem Beichtgeheimnis inhärent, klagt Regisseur und Autor Vinko Bresan an, der mit seinem Film einen riesigen Erfolg im katholischen Kroatien hatte. Dabei ist Bresan nicht nur mit einem Thema politisch: Der, im Apotheker verkörperte, wahnsinnige Nationalismus kommt ebenso vor wie die Verlogenheit der Partei-Politiker, die als vermeintliche Gegner hier tatsächlich miteinander ins Bett gehen.

Vor allem gelang Bresan jedoch mit „Gott verhüte!" ein außergewöhnlicher Film: Was sich in der Analyse angestrengt und überladen anhören mag, beginnt als beste Unterhaltung und endet in echter Erschütterung. Dabei ist die Entwicklung der Figuren ebenso stimmig, wie die der Stimmung mutig ist. Man darf hier tatsächlich an die meisterliche tragikomische Balance der Gefühle in Lubitschs „Sein oder nicht sein" erinnern.