USA 2012 (The Place Beyond the Pines) Regie: Derek Cianfrance mit Ryan Gosling, Bradley Cooper, Eva Mendes, Mahershalalhashbaz Ali, Ben Mendelsohn, 140 Min. FSK ab 12
Das löchrige T-Shirt trägt er auf Links, seine Autogramme sind so ungelenk wie die Tattoos - aber was für ein Auftritt! Die Kamera folgt Ryan Gosling aus dem Trailer, quer über den Jahrmarkt bis zum halsbrecherischen Motorrad-Stunt, um dessen Figur Luke unvergesslich einzuführen. Ryan Gosling spielt einen blonden Ryan Gosling, dauerrauchend und grinsend. Wie in „Drive" kümmert er sich um Frau und Kind, nur ist es diesmal Lukes eigenes, nur redet er diesmal etwas mehr. Luke hat spontan seinen Job beim Jahrmarkt gekündigt und will in dem kleinen Nest bleiben, wo er vor einem Jahr mit Romina (Eva Mendes aus „Holy Motors") ein Kind gezeugt hat. Am Tag der Taufe tritt der Mann, der sich zwischendurch an Rominas Seite war, brav im Anzug auf. Er soll nicht der Gegenspieler Lukes in dieser intensiven Geschichte voller Überraschungen werden.
Um Geld für seine „Familie" aufzutreiben, überfällt der Motorrad-Driver (oder -Transporter) Luke zusammen mit seinem Kumpel Robin (Ben Mendelsohn) Banken. Nach dem ersten Überfall kotzt er sich erst mal im Laster, der das Flucht-Motorrad versteckt, aus. Aber die dunkle Warnung steht schon im Raum: „If you ride like thunder, you gonna crash like thunder" (sinngemäß: Wer so höllisch fährt, kommt in die Hölle.)
„The Place Beyond the Pines" zeigt einfache Typen, die Handlung schreitet ohne viel Schnickschnack, ohne retardierende Momente voran, wie bei einem effektiven Raubzug. Die Musik versucht etwas Schwebendes zu erzeugen und dann tritt Gosling/Luke ab. Statt der schillernden Figur folgt der Film einem eher unauffälligen Polizisten. Avery (Bradley Cooper) ist ein ehrlicher Cop, Sohn eines Richters und ehemaliger Jura-Student, der korrupte Kollegen unter der Führung von Deluca (Ray Liotta) auffliegen lässt. Die erste Geschichte wiederholt sich, nun steht Avery mit einer Tüte Geld vor dem Haus von Romina...
Der Film begibt sich auf das Territorium der James Gray-Filme, wobei der große Unterschied zwischen diesem Doppelportrait und Regisseur Cianfrances Vorgänger „Blue Valentine"im Partner von Gosling liegt. Damals war es Michelle Williams, nun Bradley Cooper und und der hat sogar mehr „Screen Time" als Gosling! Allerdings überrascht „The Place Beyond the Pines", der Drei-Akter um Väter und Söhne erneut, als 15 Jahre später die beiden Jungs von Luke und Avery aufeinandertreffen.
Nach Lukes Geschichte mit faszinierenden Bildern um eine ikonografische Figur und dem Cop-Krimi vollendet sich das Triptychon mit dem Mut zu ganz großen, ja epischen Erzählschritten. „The Place Beyond the Pines" kriegt auf faszinierende Weise die Kurve wieder hin zum Anfang - allein für diese Formvollendung sollte man sich den Film (wieder) ansehen. Um Gosling herum agieren sehr gute Schauspieler, auch die nächste Generation beeindruckt.