4.2.08

Der Krieg des Charlie Wilson


USA 2007 (Charlie Wilson's War) Regie: Mike Nichols mit Tom Hanks, Philip Seymour Hoffman, Julia Roberts 102 Min. FSK: ab 12
 
Oscar-Rambo
 
Zuerst muss gesagt werden, dass einen dieser Krieg nicht sonderlich zu interessieren braucht: "Der Krieg des Charlie Wilson" ist so eine uramerikanische Geschichte wie Highschool-Football oder Springbrake. Der 75-jährige Routinier Mike Nichols ("Mit den Waffen der Frauen", "Die Farben der Macht", "Wolf") legte eine zahnlose Heldenverehrung hin. Dass diese naive Politgeschichte Satire sein soll, kann man nur im Presseheft erfahren. In einer Reihe von durchaus kritischen Großproduktionen ("Syriana", "A good shepherd", "Lord of War") stellt diese Hochglanz-Lüge einen Rückschlag dar.
 
Charlie Wilson (Tom Hanks) ist Kongressabgeordneter und Lebemann. Sein Vorzimmer sieht aus wie eine Modell-Agentur, den Sitz im Ethik-Ausschuss sieht er als Witz an und sein politisches Engagement für Afghanistan erhebt sich ausgerechnet im Whirlpool mit ein paar Stripperinnen. Doch dann legt er - angestachelt durch die Verführungskünste der resoluten erzkonservativen Lobbyistin Joanne Herring (Julia Roberts) - richtig los und lässt den CIA-Etat für Afghanistan von 5 auf 500 Millionen wachsen! Alles nur, um Anfang der achtziger Jahre den afghanischen Mudschaheddin Waffen zu besorgen, mit denen sie sowjetische Hubschrauber und Flugzeuge abschießen können. Dabei hilft ihm kongenial der unkonventionelle CIA-Agent Gust Avrakotos (Philip Seymour Hoffman). Letztendlich geht der Plan auf, die Sowjets ziehen nach vielen Kriegsjahren ab.
 
Dieser aufwändig und mit vielen Schauwerten produzierte Hollywood-Film, basierend auf der realen Geschichte des realen Charlie Wilson, macht im Prinzip nichts anderes als die Rambo-Filme: Politische Zusammenhänge dreist verkürzen und ziemlich vorteilhaft für die USA verdrehen. Zwar weiß der Kokser Wilson, wo Afghanistan liegt und selbst, wie die Nachbarländer heißen. Doch die Gutmenschen-Rührszenen in pakistanischen Flüchtlingslagern sind unerträglich verlogen: Wenn dem US-Politiker das Leid der Minenopfer - oft Kinder - so rührte, sollte er mit seiner Regierung einen Bann dieser Waffen vorantreiben und nicht noch mehr Munition in den brutalen Krieg einbringen.
 
Nur am Ende hängt Nichols eine bittere Note - oder ein Feigenblatt an: Nachdem Charlie Wilson seinen Krieg gewonnen, also fast ganz allein die Rote Armee besiegt hat, sieht er dank Nachhilfe von Gust Avrakotos ein, dass jetzt "der Frieden gewonnen" werden muss. Mit Schulen und Aufbauhilfe für Afghanistan. Das würde zwar nur ein Bruchteil der Millionen kosten, die in Waffen investiert wurde, aber trotzdem findet sich keine Mehrheit im Kongress. Weil der zu großen Teilen durch die Waffeindustrie finanziert wird? Dann doch lieber direkt den Rentner-Rambo schauen, der nächste Woche anläuft. Der ist ehrlicher verlogen.