11.2.08
Rede-Rhapsody in Hellblau
Mitte der Woche mit Robert de Niro bei der Goldenen Kamera diniert, am Vorabend auf dem Roten Teppich der Berlinale und dann auf dem roten Teppich der Bühne im alten Kurhaus: Martina Gedeck führt auch abseits des Sets ein bewegtes Leben. Die Schauspielerin las in "Rhapsody in Blue" fiktive Erinnerungen an George Gershwin vor, während der Pianist Sebastian Knauer den Künstler selbst über seine Kompositionen aufleben ließ. Die Weltpremiere in der Reihe "Wort trifft Musik" fand ein begeistertes Publikum.
22. September 1945. George Gershwin ist seit mehr als acht Jahren tot und "Rhapsody in Blue", ein Film über sein Leben, feierte gerade Premiere. Georges jüngere Schwester Frances erinnert sich schön chronologisch an Leben und Karriere des amerikanischen Ausnahme-Komponisten und Pianisten. Mit einem dieser modernen Mikrophone klobig um den Kopf gezwängt, mit High Heels zum schwarzen Kleid, betritt Martina Gedeck als Frances die Bühne, summt eine Gershwin-Melodie und spielt Trauer. Als das erste Stückchen Biografie rezitiert ist, hat der Pianist Sebastian Knauer seinen Einsatz. Er spielt kurz Gershwin-Hits an, erinnert mit Klavier-Versionen an Standards wie "Summertime". Dabei gibt es viel Gelegenheit zum "Star schauen".
Martina Gedeck machte sich in "Der Zeit" Gedanken zum Wesen der Diva, ist aber selbst viel zu bodenständig um diese Aura zu berühren. Auf den Bildern berühmter Fotografen wie Jim Rakete schlüpft sie in ebenso viele unterschiedliche Personen wie auf der Bühne und vor der Kamera. Für ihre Rolle der "Bella Martha" erhielt Martina Gedeck den Deutschen Filmpreis in Gold. Bei den "Bayerischen Filmpreisen" gab es im vergangenen Jahr den mit 10.000 Euro dotierten Darstellerpreis für ihre Rolle in dem Film "Meine schöne Bescherung". Aber vor allem in Florian Henckel von Donnersmarcks Oscar-prämierten Film "Das Leben der Anderen" beeindruckte sie nachhaltig. Gerade hat Martina Gedeck die Bernd Eichinger-Produktion "Der Baader Meinhof Komplex" abgedreht, der am 25. September in die Kinos kommen wird. Vorher ist sie noch als die Pianistin "Clara Schumann" zu erleben. Und im August kann man sie bei den Salzburger Festspielen in der Titelrolle von "Harper Regan" sehen.
Bei der Rede-Rhapsody mimiert die Gedeck minimal. Kuckt sie so traurig, weil Frances ihren Bruder vermisst oder weil sie sich unterfordert langweilt? Als Sebastian Knauer mit der abschließend virtuos gespielten "Rhapsody in Blue" den Saal begeistert, fragt man sich, weshalb so ein eindrucksvoller Pianist durch literarisch uninteressante Wortbeiträge unterbrochen wurde. Doch die Texte stammen von Sebastians Vater Wolfgang Knauer und Junior scheint es zu gefallen: Er hat mittlerweile ein ganzes Repertoire solcher Lese-Spiel-Abende aufgebaut. "Rhapsody in Blue" bietet seine Agentur alternativ auch mit Gudrun Landgrebe oder Hannelore Elsner an. Wie sehr dieses Konzept den Zeitgeist trifft, bewies erneut die sehr erfolgreiche Veranstaltung im Alten Kurhaus - alle 300 Plätze waren ausverkauft.