8.10.07
Sicko
USA 2007 (Sicko) Regie: Michael Moore 120 Min.
Der Star in Sachen Film-Propaganda ist seit seiner Goldenen Palme für "Fahrenheit 911" eindeutig Michael Moore. Wer nun seine neueste Agit-Dok "Sicko" gesehen hat, fiebert schmerzlich jeder neuen Gesundheitsreform entgegen. Wenn Gesundheit ein Geschäft wird, wenn Ärzte bei Krankenversicherungen Prämien fürs "Sparen" bekommen, dann freuen sich die Wirtschafts-Liberalen. Die über Spitzfindigkeiten in Verträgen "Eingesparten" sterben zu Tausenden in den USA - jedes Jahr. Wer sich dort keine Krankenversicherung leisten kann - es sollen 50 Millionen sein - ist arm dran. Doch wer auf die kommerziellen Versicherer vertraut, dem geht es erst richtig schlecht. Michael Moore zeigt mit bitterem Spott, wie 70-Jährige für ihre Medikamente arbeiten müssen. Wie ein Ehepaar bei der Tochter einziehen muss, weil Krebs und Herzanfälle die Ersparnisse aufzehrten. Und wie immer wieder die Interviewten sterben, weil absurde Gründe die rettende Behandlung ablehnen. Dabei verdienen diese Konzerne ähnlich gut wie die Pharmaindustrie. Nur das Gesundheitssystem ist pleite.
Moore ist längst nicht mehr so spritzig und unterhaltsam wie bei "Bowling for Columbine" oder bei "Fahrenheit 911", mit dem er Bush und die Filmästheten auf die Palme trieb. Der regellose Dokumentarist argumentiert haarsträubend und so simpel, dass es jeder der adressierten US-Amerikaner verstehen kann. Aber man fragt sich, weshalb erst so jemand herkommen muss, um diesen Wahnsinn anzuklagen. (Der Spielfilm "John Q" von Nick Cassavetes und mit Denzel Washington war wohl zu schlecht gemacht, um Wirkung zu haben.) Tatsächlich sollte man jede Gesellschaft danach beurteilen, wie sie mit den schwächsten umgeht. Man wundert sich, dass nur die amerikanische Zollbehörde - wegen eines nicht angemeldeten und dramaturgisch aberwitzig genialen Kuba-Trips - heftige Geschütze gegen den Filmemacher auffährt.