1.10.07

Ratatouille


USA 2007 (Ratatouille) Regie: Brad Bird 111 Min. FSK: o.A.
 
Diese Ratte ist sensationell: Remy kann lesen und versteht selbst die Krone der menschlichen Entwicklung: TV-Koch-Shows! Im Gegensatz zu seinen Artgenossen begnügt sich Remy nicht mit den gefundenen Fressens-Resten, die einem das Leben so vorwirft. Sein guter Riecher führt ihn zu besonderen Genüssen, auch wenn er dafür den Gefahren der Küche einer schießwütigen alten Dame trotzen muss. Sehr zum Missfallen des Vaters! Tatsächlich fliegt bald das ganze Ratten-Rudel auf, wobei das Schicksal Remy ausgerechnet nach Paris spült, genau vor das Restaurant seines verstorbenen Koch-Idols Gusteau. Der verstorbene Meisterkoch erscheint ihm als Geist und motiviert den kleinen Nager, ganz Großes zu leisten.
 
Remy rettet zuerst eine verschüttete Suppe, die der ungeschickte Küchenjunge Linguini recht geschmacklos nachgefüllt hat. Als die von feiner Rattenhand veredelte Vorspeise zum Erfolg wird, verständigt sich die Ratte mit dem untalentierten Kerl, um vereint die verlorenen Michelin-Sterne wieder vom Gourmet-Himmel zu holen.
 
Wir sind zwar im Trickfilm, doch Ratten sprechen auch hier nur den Kommentar. Die Verständigung mit Linguini gestaltet sich also schwierig. Aber es gibt eine Lösung: Wie eine Marionette dirigiert Remy verborgen unter der hohen, leicht durchsichtigen Kochmütze seinen menschlichen Gehilfen durch Ziehen an den Haaren. Das gibt ein witziges Tänzchen aus Schlägen und Bissen, bis sie ihre Zusammenarbeit konditioniert haben. Sehr spaßig dabei Linguinis Übungen mit verschlossenen Augen, eine grandiose Nummer, die mit dem blinden Schneiden des Gemüses veredelt wird. Und es erweist sich als besonders guter Einfall der Filmemacher, dass der lange Lulatsch sich immer besonders tief herunter beugen muss, damit Remy gut an den Gewürzen und Gerichten riechen kann. Denn keiner darf erfahren, wer dem plötzlich zum Koch beförderten Küchenjungen den guten Geschmack souffliert und dass überhaupt eine Ratte in der Küche ist.
 
Rattenscharf ist dieser Film gerade nicht, eher erwachsen für einen Zeichentrick. Klar ist Remy ein sympathischer Charakter, dessen Streben noch Veredlung man mitfühlend verfolgt. Sein aufrechter Gang ist nicht nur menschelnd, er hält so auch die Vorderpfoten zum Essen sauber. Neben viel Bewegung im Hintergrund bei rasanten "Kamerafahrten" sehen wir in dem achten digitalen Zeichentrick der Erfolgsschmiede Pixar auch erneut den Übergang zu den Menschen als Haupt-Figuren wie es Regisseur Brad Bird schon im Superhelden-Abenteuer "The Incredibles - Die Unglaublichen" praktizierte: Eine resolute Lara Croft der Küche vermittelt Linguini die Regeln guten Kochens und Küssens. Dem sehr kleinen und sehr garstigen Küchenchef ist die Heimtücke ins Gesicht gezeichnet, da braucht es gar nicht das Wissen um Gusteaus veruntreutes Erbe. Einen würdigen Nachfolger für die klassischen Disney-Bösewichte stellt der Restaurant-Kritiker Anton Ego mit seiner tödlichen Schreibmaschine dar. Nachdem ein einfaches Ratatouille den verbitterten Gourmet wunderbarst in die glückliche Kindheit zurückversetzte, wird auch er ganz milde. Wenn es in diesen Wochen also sanftere Filmkritiken gibt, mag das auch an ein paar klugen Gedanken zur Kritik am Ende des Films liegen.