21.12.06
Die Rotkäppchen-Verschwörung
USA 2005 (Hoodwinked) Regie: Cory Edwards, Todd Edwards, Tony Leech 80 Min.
Hänsel und Gretel als Kriminalroman gab es schon mal juristisch dröge auf Papier. Doch diese Rotkäppchen-Recherche ist aus einem anderen Stoff. Aus bunten Bits und Bytes nämlich. Allerdings ist in diesem alten Märchen nichts wie es war und wie scheint...
Zuerst die Fakten: Rotkäppchen kommt mit dem Körbchen voller Leckereien ins Haus der Großmama, wo sie der Wolf in Verkleidung erwartet. Als der Schwindel auffliegt, kommt es zum Kampf, in den nicht nur die gefesselte Oma, sondern auch ein Axt schwingender Waldmann eingreift. Dann trifft die Polizei ein.
Die Polizisten-Schweine machen sich erst mal über den Picknick-Korb her, bevor Detektiv Nick Flippers, ein verschlagener Disco-Frosch, Licht in die düstere Geschichte bringt. Nacheinander verhört er alle Beteiligten. Dabei erweist sich Rotkäppchen als selbstsichere, junge Frau. Der Wolf entpuppt sich als haariger Vertreter des investigativen Journalismus, um ihn herum immer das fotografierende Eichhörnchen mit Reporter-Hut und auf Koffein-Trip. Der Wolf war im Schafspelz auf der Suche nach Informationen, denn in einer Diebesserie entwendete ein Unbekannter die Rezepte aus allen Läden des Waldes. Der Holzfäller, der so wild herumfuchtelnd mitten in die Geschichte platzte, kann hingegen von der Liste der unüblichen Verdächtigen gestrichen werden. Er ist nur ein untalentierter Schauspieler, der sein Geld mit einem mobilen Schnitzel-Imbiss verdient, Schnitzel am Stil wohlgemerkt. Für eine Werberolle, wollte er den wilden Waldmann in sich finden.
Allerdings muss man hier alle fragen: Großmutter, wieso sieht deine Frisur aus wie Plastik? Rotkäppchen, warum hast du so grobe Gesichtszüge? Förster, weshalb gehst du wie ein Automat? Ästhetisch reibt sich das Auge an kantige Bewegungen und arg simpel animierte Figuren. Hier wurde bewusst nicht die eleganteste Form der digitalen Animation für die Holzschnitt-Figuren gewählt. Aber die sind erst mal ziemlich komisch und vor allem völlig überraschend angelegt. Hier überlebt kein Rollenklischee, selbst die kranke Großmutter war am Handy (!) nur kurzatmig, weil sie gerade mitten Ski-Rennen steckte. Heimlich räumt die alte Dame regelmäßig die Pokale bei Extreme-Sport-Wettbewerben ab, mit heißer Band und Stinktier am Schlagzeug. Vor allem die Stimmen bringen den Charakter zum Leben, im Original werden die Figuren von Schauspielern wie Anne Hathaway, Glenn Close, James Belushi (Förster) oder Chazz Palminteri gesprochen. Die deutsche Syncro ersetzt durch Sarah Kuttner, Hans Werner Olm, Axel Prahl, Max Raabe und Smudo.
Im Kreuz-Verhör überschneiden sich die Varianten und Perspektiven der Geschichte - Akira Kurosawas Klassiker "Rashomon" wurde hier einmal zügig durch den Malkasten gejagt. Das ergibt ziemlich viele schräge Ideen und einige Action-Einlagen in einem technisch simplen Film. Mit diesem Rotkäppchen können die Kinoleute schon mal die Korken knallen lassen.