27.7.21

Wer wir sind und wer wir waren


Großbritannien 2019 (Hope Gap) Regie: William Nicholson, mit Annette Bening, Bill Nighy, Josh O'Connor 101 Min. FSK ab 6

Kurz vor dem 29. Hochzeitstag verlässt Edward (Bill Nighy) seine Frau Grace (Annette Bening), während sie zum Gottesdienst ist. Erklären soll es ihr der arme Sohn Jamie (Josh O'Connor), der monatelang nicht zuhause war und nun zwischen den Fronten hängt. Der militärische Begriff ist passend, denn während sie beim intellektuellen Pärchen die Poesie vertritt, ist er als Historiker vom Rückzug Napoleons aus Russland begeistert: Die eigenen Soldaten ließ man nackt erfrieren. „Niemand blickte zurück." So rücksichtslos praktiziert auch Edward seinen Rückzug. Allerdings kann man ihn verstehen. Nicht die Kleinigkeiten des Alltags, das Nebeneinander mit Gezänk schrecken ab. Graces rechthaberische Diktatur, die Provokationen, damit er endlich Emotionen zeigt, sind so schwer erträglich, wie die nervige Gläubigkeit. Nach der Trennung ist sie exzessiv in ihrem Leiden: „Er ermordet mich, indem er mich verlässt!" Jamie besucht sie nun jedes Wochenende und soll vermitteln. Dabei hat er selber genug Probleme.

Das Drama spielt sich mit tollen Schauspielern und ruhiger Inszenierung zwischen Spaziergängen an die weißen Klippen von Dover ab. Es basiert auf dem Theaterstück „The Retreat from Moscow" aus dem Jahr 1999. „War wir sind und wer wir waren" erlaubt eine konzentrierte Beobachtung der drei Personen. Eine Handvoll literarischer Zitate werden eingestreut, allerdings sind das die einzigen Pointen, wenn man sie so bezeichnen will. Das ist ermüdend auch für das Publikum. Aus diesem Haus will man tatsächlich ganz schnell weg.