28.2.20

La Vérité

Frankreich, Japan 2019 Regie: Hirokazu Koreeda, mit Catherine Deneuve, Juliette Binoche, Ethan Hawke 108 Min. FSK ab 0

Der japanische Regisseur Hirokazu Koreeda gewann bei 2018 in Cannes die Goldene Palme für sein berührendes Familiendrama „Shoplifters". In anderen, wunderbaren Familienfilmen wie „Unsere kleine Schwester", „Like Father, Like Son" oder „Nobody Knows" spielen Kinder immer eine besondere Rolle. Nun, bei seinem ersten „ausländischen" Film, ist vor allem Catherine Deneuves Filmdiva kindisch. Trotz der Stars gelingt Hirokazu Koreeda nach eigenem Buch erneut ein sehr schöner Film um Lüge und Wahrheit, echte und falsche Familien.

Die Drehbuchautorin Lumir (Juliette Binoche) kommt mit Ehemann Hank (Ethan Hawke) und dem gemeinsamen Kind aus New York nach Paris. Ihre Mutter, die französische Filmdiva Fabienne (Catherine Deneuve) wird Memoiren veröffentlichen. Der Titel lautet „La Vérité" - die Wahrheit, aber es steht nichts Wahres drin. Vor allem mit dem Bild der liebenden Mutter ist Lumir keineswegs einverstanden.

Weil die Diva ihren langjährigen Vertrauten und Freund verjagt, muss Lumir ihr bei Dreharbeiten zur Seite stehen. Und wir erleben, wie die Deneuve gekonnt in die Rolle eines zickigen Stars, einer schrecklichen Mutter, eines furchtbaren Menschen schlüpft. Dauernd über jüngere Kolleginnen lästert und dabei grandiose Sätze abläst: „Ich bin Schauspielerin, ich erzähle keine blöden Fakten, die Wahrheit ist langweilig." Fabienne stellt die paar familiären Small Talk-Fragen nur, weil sie Stille nicht erträgt. Ansonsten interessiert sie sich nur für sich selbst.

Solch ein Projekt eines gefeierten Regisseurs mit großen Stars hätte leicht ein eitles Schaulaufen werden können. Doch Hirokazu Koreeda fügt alle und alles zusammen zu einer runden Geschichte um eine zu abwesende und selbstbezogene Mutter, eine tragisch verstorbene Freundin und Konkurrentin, die eigentlich die bessere Mutter für Lumir war. Denn die Diva dreht gerade ausgerechnet einen Film über die allgemein vergötterte Konkurrentin Sarah, deren Erfolg Fabienne geraubt hat, indem sie mit dem Regisseur ins Bett ging,. Ein (Science Fiction-) Film über eine Mutter, die zu selten da ist, weil die Erdenschwere sie sterben lassen würde. Eine sehr deutliche Metapher für das vermeintliche Künstler-Leben des Stars, der nicht mal die Tochter schauspielern lassen wollte.

In vielen sehr schönen Details, Verbindungen und Dialogen lässt Hirokazu Koreeda die Familien-Beziehungen aus unterschiedlichen Perspektiven aufblitzen. Eine kleine, sehr feine Spielerei, vergnüglich anzusehen und immer wieder bei aller (gespielter) Raffinesse echt berührend. Anders als seine bisherigen Meisterwerke (und die wünscht man sich zurück), doch auch unbedingt sehenswert.