23.2.20

Just Mercy

USA 2019 Regie: Destin Daniel Cretton, mit Michael B. Jordan, Brie Larson, Rob Morgan, Tim Blake Nelson 137 Min. FSK ab 12

„Just Mercy" erzählt klug und ruhig von einem Kampf gegen rassistische US-Justiz. Wie bei Harper Lees „Wer die Nachtigall stört", nur dass diese wahre und bewegende Geschichte aus Alabama nicht in den 30ern, sondern 1987 spielt.

Es gibt früh im Film den Hinweis, die Geschichte spiele in Maycomb, einer kleinen Stadt im Alabama, die auch Handlungsort von Harper Lees Klassiker „To Kill a Mockingbird" (Wer die Nachtigall stört) war. Dass mittlerweile 1988 ist und trotzdem wie in den 1930er-Jahren die Justiz nach der Hautfarbe urteilt, schockiert. Aber zumindest muss nicht ein gerechter weißer Ritter wie Atticus Finch (im Film gespielt von Gregory Peck) als Retter einschreiten. Diesmal ist es ein privilegierter afroamerikanischer Harvard-Jurist, der einen zu Unrecht verurteilten Schwarzen vor dem Elektrischen Stuhl rettet.

Es ist eine Begegnung in der Todeszelle, die den Lebensweg des jungen Anwalts Bryan Stevenson (Rob Jordan) bestimmen wird: Die Verzweiflung und Einsamkeit des verurteilten Afroamerikaners berührt den Harvard-Absolventen tief. Zum Ärger seiner Mutter zieht er ins rückständige und rassistische Alabama, um zusammen mit der ortsansässigen Anwältin Eva Ansley (Brie Larson) Menschen zu verteidigen, die zu Unrecht verurteilt wurden oder sich keine angemessene Verteidigung leisten konnten. Unter seinen ersten Fällen ist Walter McMillian (Jamie Foxx), der 1987 für den Mord an einer 18-Jährigen zum Tode verurteilt wurde, obwohl alles gegen seine Schuld spricht. Stevenson wird bei seinem ersten Gefängnisbesuch von den Waffen direkt körperlich angegangen, muss sich widerrechtlich komplett ausziehen und untersuchen lassen.

„Just Mercy" klingt auf den ersten Blick nach Gerichtsfilm und nach Kampf gegen die Todesstrafe im Stil von „Walk the line". Doch völlig ohne übliche Klischees macht der exakt erzählende Film Rassismus in Justiz und Gesellschaft deutlich. Wie in einer Reportage wird gezeigt, was das Urteil mit Familie und Freunden von Walter macht. Der Harvard-Jurist muss die brutale alltägliche Diskriminierung im Süden der USA kennenlernen, samt willkürlicher Verkehrskontrollen mit Pistole an seinem Kopf. Dabei spielt der Film nicht in den sechziger Jahren, sondern 1988.

Ein Jahr, in dem übrigens 65 Menschen in diesem US-Staat hingerichtet wurden. So muss man mitten im Film mit anderen Zuschauern eine Hinrichtung durchstehen. Stevenson, nach dessen Sachbuch „Ohne Gnade: Polizeigewalt und Justizwillkür in den USA" aus 2014 der Film entstand, kämpft nicht nur gegen Rassen-Justiz, sondern auch gegen die Todesstrafe. So kommt laut Film auf neun hingerichtete Personen ein unschuldiger zum Tode Verurteilter. Ein doppeltes Engagement, das der Film fortführt. Auf unaufgeregte Weise, obwohl man beim Miterleben immer wütender wird. Der sehr starke Schauspielerfilm gegen Justizwillkür wirkt umso mehr im Bewusstsein, dass in den USA die Hautfarbe weiterhin landesweit eine Rolle bei der Rechtsprechung spielt.