15.8.18

Christopher Robin

USA 2018 Regie: Marc Forster mit Ewan McGregor, Hayley Atwell, Bronte Carmichael 104 Min. FSK ab 0

Zwei Filme um Christopher Robin, den Jungen aus A.A. Milnes „Pu der Bär", kurz hintereinander im Kino: Was für die Produzenten eine Katastrophe sein muss, erweitert für Lesern und Cineasten die Welt der beliebten Kinderbücher. Nachdem in „Goodbye Christopher Robin" die eher dunkle Familien-Geschichte um die Entstehung von Pu erzählt wurde, führt „Christopher Robin" die rührende Innen-Welt eines kleinen Jungen ins erwachsene Leben.

Es beginnt mit einem traurigen Abschied im Hundert-Morgen-Wald: Pu, Ferkel, der Esel I-Aah und Tigger haben Christopher Robin einen letzten Kaffee-Tisch bereitet, weil der ins Internat muss. Draußen rast die Welt mit militärisch harter Schule, einem großen Krieg und dann dem Kampf in der Arbeitswelt. So hat Christopher Robin nicht nur die Freunde der Kindheit vergessen, er liest der eigenen Tochter nicht mal richtige Kindergeschichten am Bett vor. Denn der Junior-Chef der Londoner Koffer-Fabrik will unbedingt Leute entlassen, wenn Robin übers Wochenende nicht mit einer rettenden Idee kommt.

Als plötzlich Pu, der Bär, neben Christopher Robin sitzt, kommt alles anders als geplant. Nachdem er schon seine Familie abgeschoben hat, will der gestresste Christopher Robin auch Pu möglichst schnell wieder in den Wald transportieren. Wobei sich der - sehr schön animierte - Stoffbär störrisch wie ein kleines Kind verhält - selbstverständlich mit den spezifischen Eigenschaften und dem dauernden Hunger von Pu. Das ist bärig komisch und mit den einfachen Kommentaren dieses Bären von geringem Verstand auch anrührend.

Auch dieser Kinder- und Erwachsenen-Film von Disney und Marc Forster (nach seinem Porträt des „Peter Pan"-Autoren J.M. Barrie, „Wenn Träume fliegen lernen") ist eine Konstruktion von geringem Verstand aber mit viel Herz. Es ist vorhersehbar, dass Christopher und Pu einen verödeten Hundert-Morgen-Wald vorfinden, ganz wie das sterbenden Fantasia in Michael Endes „Die unendliche Geschichte". Und erst als der verlorene Junge wieder beginnt zu spielen, erkennen ihn seine alten Spielfiguren.

Ewan McGregor gibt dabei nie wirklich der typischen, trocken-steifen Engländer. Doch den Familienvater, der sich selbst verloren hat, und das traurige große Kind, das bekommt er bestens hin. Konkurrieren muss er dabei mit bekannten Literatur- und Kino-Stars wie den depressiven Esel, das ängstliche Schweinchen und den übermütigen Tigger. Die bekannten Figuren wurden wunderbar als Stofftiere animiert und in den Realfilm integriert.

So erspart einem Pu viel esoterische Selbstfindungs-Literatur: Mit dem einfachen Satz, dass „Heute mein neuer Lieblingstag" ist, werden mehrere Bände ums bessere Leben im „Now" (Jetzt) zusammengefasst. Auch dass aus dem Nichtstun sehr wohl etwas Gutes entstehen kann, darf man in Zeiten von G8 und Selbstoptimierung Groß und Klein gerne öfters sagen. Dazu gibt es sogar etwas sozialistische Wirtschaftstheorie, denn nach einem turbulenten Abenteuer ist die Lösung zur Rettung der Arbeitsplätze verblüffend: Wenn die Arbeiter mehr Freizeit und Urlaub bekommen, werden sie viele Koffer kaufen, um die Ferien zu fahren. Wohlstand für alle! Und noch ein Bändchen „Pu, der Bär" dazu.